Drei Ziele




Hier wird das "Projekt Landbiene" ausführlich vorgestellt. Verbesserungsvorschläge bitte im Unterforum "Diskussion des Projektes" veröffentlichen..

Re: Drei Ziele

Beitragvon irbis » So 6. Mär 2011, 19:23

Auswirkung der Bruttemperatur auf die Gestalt der Flügel bei der Honigbiene apis mellifera

Brutpflege bei Honigbienen beinhaltet die bemerkenswerte Fähigkeit, die Bruttemperatur in einem engen Bereich von 33 - 36 Grad zu halten.
Vorwiegend während der Puppenentwicklung ist die Brut empfindlich auf Temperaturschwankungen, und Mißbildungen treten auf, wenn über längere Perioden die Bruttemperatur tiefer als 32 Grad fällt oder über 37 Gad ansteigt.
Selbst anscheinend normal entwickelte Individuen können bei suboptimalen Temperaturen betroffen sein

Die Pigmentierungsmuster erscheinen als Temperatur - sensitiv.
Puppen wurden im Labor bei 25 - 38 Grad gehalten, und entwickelten sich zu gelb gefärbten Adulten bei hohen Temperaturen von 34 Grad, jedoch schwarz bei Temperaturen unter 30 Grad.
Da andere morphologische Merkmale auch betroffen sein könnten, untersucht diese Studie, ob die Bruttemperatur die Gestalt der Flügel in Größe, Cubital Index, Flügelgeäder u. Winkel beeinflusst.

Es folgt die Beschreibung dessen, was aus der Tabelle ersichtlich ist.

Diskussion

Unsere Analyse hat klar gezeigt, dass verschiedene Bruttemperaturen die Flügelgestalt beeinflussen. Die Resultate erklären auch die Existenz von saisonalen Einflüssen auf die Gesalt der Honigbiene.
Obwohl nur einige Parameter geprüft wurden, ist die Übereinstimmung der Ergebnisse sichtbar. Der Vorflügel verlängert sich in warmen Perioden in allen drei Studien.
Das Verhältnis von Umgebungstemperatur zu Bruttemperatur ist unbekannt, doch ist die Bruttemperatur im Zentrum konstant, kann aber zur Peripherie fluktuieren, was durch wechselnde Bruttemperaturen zu saisonalen Unterschieden in der Gestalt führen kann

Traditionell werden Flügelgröße und Geäderwinkel zur taxonomischen Unterscheidung herangezogen. Obwohl saisonale Einflüsse die Maße beeinflussen, ist der direkte phenotypische Einfluß der Umgebungstemperatur wahrscheinlich der Hauptfaktor der geographischen Verteilung morphologischer Merkmale. Lokal angepasste Biotypen sind stark selektiert, die Bruttemperatur nahe dem Optimum zu regulieren, auch in extremen Klima.

Eine unabhängige Relation zwischen Gestalt und Umgebungstemperatur, ist aus der Tendenz der Bienen, in Höhenlagen und im Norden größer zu werden, ersichtlich, und aus der negativen Korrelation von durchschnittlicher Umgebungstemperatur und Flügelgröße, die im Gegensatz zur Auswirkung der Bruttemperatur steht, wie sie in dieser Studie gezeigt wird.
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Re: Drei Ziele

Beitragvon hanjoheyer » So 6. Mär 2011, 22:37

Zusammenfassung der Zusammenfassung der Studie:

Verschiedene Ökotypen der Bienen unterscheiden sich primär durch unterschiedliche Bruttemperaturen und erst sekundär - davon abhängig - durch phänotypische Differenzen wie Farbe und Flügelgeäder. Ökotypen mit niedrigen Bruttemperaturen sind schwarz und das Geäder weist einen niedrigen Cubitalindex auf; Ökotypen mit hoher Bruttemperatur sind gelb und weisen einen hohen Cubitlindex auf.

Demnach unterscheiden sich die Bienenrassen gar nicht äußerlich durch Farbe und zB Kubitalindex, sondern allein durch ihre Bruttemperatur. Die Bruttemperatur ist Ergebnis der Akklimatisation, also der optimierten Anpassung an das Klima.

Wolfgang Golz hat also mit seiner Behauptung, die Akklimatisation sei das A und O der Bienenzucht, richtig gelegen. Ich habe Golz' These übernommen und weiterentwickelt und habe Regeln des Imkerns aufgestellt, die die Akklimatisation der Honigbiene ermöglichen, bzw. erhalten.

Die Regeln für Demeter-, Bioland- und anderer Öko-Betriebsweisen legen, wie ich an anderer Stelle darlegte, keinen Wert auf Akklimatisation. Ich denke, ich kann diese Forschungsergebnisse als Bestätigung meiner Theorie werten, denn - wie bereits oft gesagt - das "Projekt Landbiene" zielt bewusst auf Akklimatisation, also auf die Herausbildung und Stabilisation von Ökotypen, ab.

In einem weiteren Forschungsprojekt müsste man jetzt bei jeder Unterart (Ökotyp) der Apis merllifera die Bruttemperaturen ermitteln.

Nachtrag: Hier der relevante Teil der Tabelle, der den Cubitalindex in Abhängigkeit von der Bruttemperatur anzeigt:

Bei 32 Grad: Ci ist 2,94
bei 35 Grad: Ci ist 2,98
bei 36 Grad: Ci ist 3,33

Das sind 0,0975 pro Grad Celsius.
Da die Dunkle Biene einen Ci von 1,8 hat, müsste man die Brut bei 20,3 Grad Celsius ausbrüten, um Dunkle Bienen zu bekommen ;-)
Da wirds wohl noch ein paar andere Zusammenhänge geben....
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Re: Drei Ziele

Beitragvon Mannfred » Mo 7. Mär 2011, 13:27

Grüß Euch,

Aus meiner Sicht ist ein an die lokalen Verhältnisse angepasster Brutrythmus entscheidend für die Überlebensfähigkeit.
Den können die Bienenvölker nur finden, wenn die ständige Entstehung von Neukombinationen der unterschiedlichsten Anlagen durch Zufuhr von außerhalb des angestammten Lebensbereichs unterbleibt.

Herzliche Grüße Manfred
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Re: Drei Ziele

Beitragvon hanjoheyer » Mo 7. Mär 2011, 15:01

Ich denke, dass du völlig richtig liegst.

Die Bruttempertur schlägt sich zwar etwas in Cubitalindex und Farbe nieder, hat aber wohl nicht viel mit den diversen Ökotpen zu tun, die zwar auch nach Farbe und Ci unterschieden werden, aber diese Merkmale sind ja nur ein paar wenige - und unwichtige - von vielen.

Entscheidend sind die ans Klima angepassten Brutkurven. Blühmaximum und Brutmaximum fallen ungefähr zusammen. Im Winter keine oder nur wenig Brut. In der Tropen haben die Bienen eine Brutpause in der Trockenzeit.

Wichtig scheint mir auch die überwinternde Bienenmasse in Abhängigkeit von der Menge der Futtervorräte. Es gibt Rassen, zB die Dunkle (und die Carnica), die ihre Bienenmasse an die Vorräte anpassen, und andere, zB Buckfast und die Italienische, tun das nicht. Die erstgenannte Gruppe verhungert deshalb seltener, als zweitgenannte.
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Re: Drei Ziele

Beitragvon irbis » Mo 7. Mär 2011, 19:31

Joachim,

da hat sich ein Rechenfehler eingeschlichen - von 35 auf 36 Grad macht bei mir 1 Grad und eine Differenz von 0,35 :roll:

Liebe Grüße
Irbis

Nachtrag

Meines Wissens werden nach Farbe und Ci "Rassen" unterschieden, wenn beides unwichtig ist, weil temperaturabhängig, was sind die anderen Kriterien?
Und gibt es eventuell - unabhängig von Importen - andere Einflüsse, die den Brutrhythmus unserer Bienen beeinträchtigen?
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Re: Drei Ziele

Beitragvon Mannfred » Di 8. Mär 2011, 01:15

Fütterung und Ablegerbildung.

Mit Fütterung kannst Du die Brutmenge vorzeitig erhöhen, um den Preis daß Du hinten verlierst, was Du vorne gewinnst und daß bei unzureichender Pollenversorgung die Lebenserwartung sinkt.

Ableger sind die unnatürlichste Art der Vermehrung, sie laufen der Entwicklung hinterher und versuchen das durch gesteigerte Brutpflege auszugleichen.

Herzliche Grüße Manfred
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Re: Drei Ziele

Beitragvon hanjoheyer » Di 8. Mär 2011, 11:15

Hallo Irbis,

ich hatte bei meinen Berechnungen die Differenz zwischen 32 und 36 Grad zugrundegelegt; du die Differenz zwischen 35 und 36 Grad. Daher die Unterschiede bei den Ergebnissen.

Zu den Rasseunterschieden: Die Dunkle unterscheidet sich von der Carnica außer durch die Brutkurve* durch anders angelegte Brutnestordnung. Die N-Bienen lagern mehr Pollen und Honig in unmittelbarer Nähe zu Brut ein, als die C-Bienen. Außerdem fliegen die N schon bei geringeren Außentemperaturen zum Sammeln aus, und die Sammelflüge sind auch im Schnitt weiter. Die N-Völker sind insgesamt kleiner als C. Außerdem ist die Rüssellänge bei N etwas kürzer. N ist angeblich nicht Rotkleetauglich; C ist es. (So las ich es bei Ruttner.)

* Bei N liegt der Höhepunkt angeblich zeitlich etwas später als bei C-Bienen. D.h., die Kurve steigt etwas flacher an.

Mich würde nun interessieren, ob die N tatsächlich generell eine niedrigere Bruttemperatur haben, als C. Und: Ändern sich mit der Absenkung der Temperartur der C-Brut auch alle anderen Verhaltens- und Gestaltmerkmale von C nach M?

jo
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Re: Drei Ziele

Beitragvon irbis » Di 8. Mär 2011, 17:14

Wenn die Dunkle tatsächlich so tiefe Bruttemperaturen hätte, wäre sie wahrscheinlich eine extrem langlebige Biene, allerdings auch mit langer Entwicklungszeit, die sich bei der Arbeiterin bereits bei 32 Grad auf 33 Tage verlängert, bei angenommen 30 Grad und darunter würde es wohl noch länger dauern.

Liebe Grüße
Irbis
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Re: Drei Ziele

Beitragvon hanjoheyer » Di 8. Mär 2011, 20:36

ich habe den Smiley ncht umsonst hinter dem besagten Satz angefügt. Ich wollte mit der Berechnung dieses absurd niedrigen Wertes zum Ausdruck geben, dass der Unterschied zwischen N- und C- Biene nicht allein der Bruttemperatur geschuldet sein kann.
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Re: Drei Ziele

Beitragvon irbis » Di 8. Mär 2011, 22:33

Hier ist die ursprüngliche Studie aufzurufen

http://www.apidologie.org/index.php?opt ... tents.html

(von Tsuruta usw.)
die Zusammenfassung ist in deutscher Sprache.

Die Studien wurden an Apis cerana japonica durchgeführt, die offensichtlich im Sommer gelb und im Winter schwarz ist.
Die Autoren weisen am Schluss der Studie Ruttner darauf hin, dass die Farbe allein nicht zur Bestimmung einer Varietät geeignet ist.
Die Studie weist auch darauf hin, dass es zusätzliche Faktoren geben wird, vermutlich die Ernährung.

Dass am Ende selbst dieser Dissertation

http://www.opus-bayern.de/uni-wuerzburg ... a_Bock.pdf

auch kein Hinweis erfolgt, dass die Tests ursprünglich gar nicht von Apis mellifera stammen, ist verwunderlich.
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