So 3. Okt 2010, 09:52
http://www.culturaapicola.com.ar/apunte ... aleman.pdfAUGUST WILHELM STEFFAN, Bochum & Biebergemünd
Schutz und Wiederansiedlung der Dunklen Europäischen Honigbiene in Naturschutzgebieten und Biosphärenreservaten DeutschlandsIn dieser sehr lesenswerten Arbeit wird berichtet, dass bis heute das "große Projekt" der Ausrottung der heimischen Honigbiene, der Apis Mellifera Mellifera, systematisch weiterbetrieben wird. Imkervereine und Bienenwissenschaft ziehen hier an einem Strang und bedienen sich zuweilen illegaler Methoden, zB indem Naturschutz-Fördermittel aus dem Topf für die Rettung und Erhaltung vom Aussterben bedrohter Tierarten nicht zur Rettung der Dunkeln Biene in Deutschland beantragt werden, sondern für die Fremdrasse Mellifera Carnica. Es wird selbst vor Betrug nicht zurückgeschreckt. Mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln - auch der (kommerziellen) interessegeleiteten, jedoch unter dem Deckmantel der Wissenschaft verborgenen "Expertise" - werden die politischen Entscheider manipuliert, um die Etablierung eines Schutzgebietes für die Dunkle zu verhindern. Ich kann der deutschen Imkerschaft, die bewusst die Ausrottung ihrer Schutzbefohlenen betreibt, nur zurufen: Pfui!!!!!
In anderen Ländern gibt es bereits Schutzzonen für die Dunkle, zB in Dänemark, Schweden, Norwegen, Polen, Österreich, Schweiz, Frankreich und Belgien. Nur in Deutschland, dem ZENTRUM der einst in ganz Europa verbreiteten Dunklen Biene, die sogar
Deutsche Biene hieß (Apis Mellifera Mellifera Germanica), wird die Einrichtung eines Schutzgebietes seitens der Imker(vereine) und Bieneninstitute verhindert.
Außerdem wird in Deutschland die Verbreitung der Dunklen Biene kommerziell betrieben. Es entstehen Mischrassen aus Dunkler und Carnica, was beide Rassen zerstört und angeblich nur Nachteile bringt. Diese unsystematischen örtlich gestreuten Einkreuzungen der Dunklen in unsere flächendeckenden Carnicabestände, wie sie einzelne Imker vornehmen, sind lt dieses Artikels abzulehnen. (Ich allerdings lehne die Ablehnung einer gestreuten Einfühung der Dunkeln Biene ab.)
Es wird berichtet, dass es keineswegs egal ist, welche Rasse hier in Deutschland gehalten wird. Nur die Dunkle hat sich in unseren Breiten gemeinsam - in Co-Evolution - mit den vielen anderen Blütenstaub- und Nektarsammlern entwickelt. Es ist ein natürliches Gleichgewicht, eine Harmonie in der Natur, entstanden, das durch die Einfuhr fremder Bienenrassen gestört wird und das ganze Ökosystem stört. So gibt es in Deutschland Solitärbienen, die durchaus gut mit der Dunklen koexistieren können, kaum jedoch mit der Carnica, da es hier zur Nahrungskonkurrenz kommt.
Hier der (um Unwesentliches gekürzte!) Text:
Insecta, Berlin, 5 (1997), Seite 33-47
AUGUST WILHELM STEFFAN, Bochum & Biebergemünd
Schutz und Wiederansiedlung der Dunklen Europäischen Honigbiene in Naturschutzgebieten und Biosphärenreservaten Deutschlands
1. Taxonomische und geographische Grundlagen
Die „Westliche Honigbiene“, die Art Apis mellifera Linnaeus, 1758, ist mit zahlreichen geographischen Rassen oder Unterarten über fast ganz Europa, weite Teile Vorder- und Nordasiens und die gesamte afrikanische Region verbreitet. Eine dieser Rassen, die namensgebende oder Nominatrasse ist Apis mellifera mellifera. Ihre Abspaltung von den übrigen ausschließlich weiter südlich und südöstlich beheimateten Rassen mag irgendwann im Laufe des Diluvium oder sogar bereits zum Ende des Tertiär erfolgt sein (Heyer: vor etwa 2,6 Mio Jahren). Seit dem Ende der letzten Eiszeit (Heyer: Vor etwa 13.000 Jahren) jedenfalls besiedelt sie mit vielen Unterrassen und Ökotypen das gesamte europäische Gebiet nördlich der Pyrenäen, der Alpen und der Karpathen bis nach Mittelskandinavien und von Irland bis zum Ural hin und wahrscheinlich darüber hinaus bis nach Sibirien. Aufgrund ihrer Verbreitung wird sie allgemein als Europäische, Nordische oder auch als Deutsche Honigbiene bezeichnet, und aufgrund ihrer charakteristischen Färbung als Dunkle, Braune oder Schwarze Honigbiene.
In ihrem ursprünglichen und natürlichen Verbreitungsgebiet wurden die Eigenschaften und Eigenheiten dieser Honigbienen-Rasse seit vielen Jahrtausenden bzw seit ihrer nacheiszeitlichen Siedlungsnahme und der sich daran anschließenden Phase der natürlichen Auslese, Anpassung und Auseinanderentwicklung bewahrt. Hervorzuheben ist, daß dies nicht nur die Rasse Apis mellifera mellifera als Rasse insgesamt betrifft, sondern auch ihre geographischen Unterrassen und Ökotypen oder Standortformen.
Die ursprüngliche Anzahl der zumindest noch bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts existierenden Unterrassen läßt sich heute nicht mehr feststellen. Neuere Schätzungen (PEDERSEN 1996) gehen von bis zu 150 Unterrassen aus. Benannt und mehr oder weniger genau beschrieben wurden jedoch lediglich deren sieben: (a) A. m. m. lehzeni, die ‘Haidbiene’. Nach VON BERLEPSCH (1869) „bewohnt (sie) das Lüneburgische, Oldenburgische, Holstein und Schleswig“. Anzunehmen ist, daß sie nordwärts auch über Dänemark sowie das südliche bis mittlere Norwegen und Schweden verbreitet war (und in weiten Teilen noch ist). (b) Von dieser Haidbiene wurde frühzeitig die „Gemeine Dunkle oder Deutsche Biene“ vor allem aufgrund geringerer Drohnen-Produktion und geringerer Schwarmlust unterschieden. Sie wurde häufig A. mellifica germanica genannt (POLLMANN 1889), und als „die durch den größten Theil von Mittel- und Süddeutschland verbreitete Honigbiene“ (DZIERZON 1878) bezeichnet. Nach heutigem Verständnis handelt es sich um die Unterrasse A. m. m. germanica POLLMANN, 1875. (Zu prüfen wäre, Vertreter welcher der beiden Unterrassen dem Erstbeschreiber dieser Art, LINNAEUS, 1758, zugrundelegen haben. Je nachdem würde nämlich die eine oder andere als Nominat-Unterrasse zu betrachten und als A. m. m. mellifera zu benennen sein). (c) Als südlichstes Glied des mellifera- Unterrassenkreises ist die „Alpen-Honigbiene“ zu betrachten. Sie bewohnte zumindest vormals als einzige Honigbienen-Form die nördlichen Alpen-Quertäler und auch die Alpen- Längstäler nördlich des Alpen-Hauptkammes bis hinauf in 1.200 und sogar 2.000 mNN. Diese Gebirgs- und Hochgebirgspopulationen der Alpen wurden in der älteren Literatur unter dem Rassen-Namen Apis mellifera nigra erwähnt und werden auch noch bei GOETZE (1964) (richtiger) unter dem Unterrassen-Namen Apis mellifera mellifera nigra KRAMER, 1898 geführt. Als weitere mit Namen belegte Unterrassen sind zu nennen: (d) die nordwestliche „Insel-Honigbiene“, A. m. m. domestica ((Ray 1663)), als Bewohnerin der britischen und irischen Inseln, (e) die nordrussische „Taiga-Honigbiene“, A. m. m. silvarum ALPATOV, 1935, deren Verbreitung westwärts bis in die baltischen Länder und nach Polen reicht, (f) die südrussische „Steppen-Honigbiene“, A. m. m. acervorum ALPATOV, 1935, und (g) die „Ural-Honigbiene“, A. m. m. uralica DULKIN, 1953.
2. Verdrängungsmaßnahmen der Imkerei
Diese Bodenständigkeit und Reinerbigkeit der einzelnen Rassen und ebenso der Unterrassen wurde auch in den jahrtausenden der Raub- oder Sammelbewirtschaftung durch den Menschen und in Mitteleuropa selbst in den vergangenen Jahrhunderten durch das Zeidlertum nur unwesentlich gestört. Dies änderte sich erst allmählich mit den zunächst vereinzelten und dann zunehmenden züchterischen Versuchen gegen Mitte des vorigen bis zur Mitte dieses Jahrhunderts. Nach VON BUTTEL-REEPEN (1906) begann diese Aktion mit der Einfuhr der Italienischen Honigbiene, Apis mellifera ligustica SPINOLA, 1806, zuerst durch VON BALDENSTEIN in die Schweiz (1843), dann durch JOHANNES DZIERZON aus dem Gebiet von Venedig nach Carlsmarkt in Oberschlesien (1853), weiterhin durch WOODBURY und NEIGHBOR nach England (1859) sowie durch HAMET nach Frankreich (1859).
Zunächst war es also die A. m. ligustica, die aus Italien importiert die mitteleuropäischen Imker vor allem aufgrund ihrer bunteren Färbung faszinierte, die aber auch als weniger stechlustig galt. Wenn auch frühe Warner (VON BERLEPSCH 1869, POLLMANN 1879, 1889) kein Gehör fanden, so ging doch mit Beginn des 20. Jahrhunderts die Einfuhr und Zucht italienischer Bienen in Mitteleuropa immer stärker zurück. Dafür nahm zunächst allmählich, mit dem Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich ab 1939 aber verstärkt und seit den fünfziger Jahren im immer größeren Umfang die Einfuhr der Krainer Biene und ihre Zucht in Mitteleuropa zu, zum Schaden für die vormals hier allein heimische Dunkle Biene: „Schon um die Jahrhundertwende war die Honigbiene in Deutschland durch Einfuhr fremdrassiger Bienenköniginnen so stark hybridisiert, daß die autochthone geographische Rasse Apis mellifera mellifera als ausgestorben galt“ (KAUHAUSEN-KELLER & KELLER 1994).
Eine solche Durchmischung oder gar Vernichtung traf zwar nicht überall in Mitteleuropa im gleichen Maße zu und noch viel weniger in West-, Nord- und Osteuropa. Aber die konsequenten Zucht- und Verdrängungsmaßnahmen aufgrund vorwiegend wirtschaftlicher und von Imkerverbänden gesteuerter Bestrebungen mit der aus Österreich und Slowenien eingeführten Krainer Honigbiene, Apis mellifera carnica POLLMANN, 1879, haben jedenfalls in den vergangenen fünf Jahrzehnten zu einem vorläufig nicht mehr umkehrbaren, beschämenden ‘Erfolg’ geführt: „Unser Verein ist nigrafrei!“ „Wir sind carnica-reinrassig !“
Andere fremdländische Rassen, die nach Mitteleuropa – wenn auch weniger häufig – eingeführt wurden, sind z. B. die folgenden: Vom südlichen Balkan A. m. cecropia KIESENWETTER, 1860, und aus dem Kaukasus-Gebiet mehrere Unterrassen der A. m. caucasica GORBATSCHEV, 1910. Hinzu kommt noch die ebenfalls aus kommerziellen Gründen eingeführte Buckfast-Biene, die Mehrfach- Hybridrasse mellifera (England) x ligustica (Italien) x mellifera (Frankreich) x cecropia (Griechenland). In jüngster Zeit wird diese Importsucht sogar auf afrikanische Rassen ausgeweitet: Nicht nur die Tell-Biene, A. intermissa BUTTEL-REEPEN, 1906, aus Lybien wurde eingeführt, sondern sogar die Kilimandscharo-Biene, Apis mellifera monticola SMITH, 1961. Letztere ist in den Hochgebirgen vor allem Ostafrikas beheimatet und wird nun ebenfalls sowohl in die Buckfast- Mehrfachhybrid-Rasse als auch in die eigentlich doch „in Reinform“ imkerlich so geschätzte Krainer Rasse eingekreuzt.
3. Derzeitige Verbreitungslage
Im natürlichen mitteleuropäischen Verbreitungsgebiet der Apis mellifera mellifera, ihrem eigentlichen Verbreitungszentrum, gibt es wildlebend wahrscheinlich nur noch sehr wenige reinerbige Völker dieser einheimischen Rasse. In imkerlicher Obhut befinden sich in Deutschland derzeit nur noch wenige hundert Völker, die als reinrassige Dunkle Honigbienen deklariert werden, die aber wahrscheinlich überwiegend unbedacht wahllos aus Bereichen verschiedener außer-mitteleuropäischer Unterrassen dieser Rasse eingeführt worden sind. Nur bei einem einzigen Züchter in der Bundesrepublik Deutschland ist aufgrund langjähriger wissenschaftlich exakter Zuchtmaßnahmen (künstliche Besamung und Körung unter Multivarianz-Analyse) von einem garantierten Reinbestand auszugehen.
Umfangreichere Reinbestände der Apis mellifera mellifera gibt es auch noch bei Züchtern und Imkern in Tirol und in der Schweiz, und zwar in mehreren unterscheidbaren Linien. Allerdings steht bei den Schweizer Völkern nicht immer fest, ob die von den dortigen Zuchtverbänden als brunella bzw als nigra bezeichneten Zuchtlinien nicht doch bereits durch carnica-Einkreuzungen beeinträchtigt worden sind. Bestimmt aber existieren in isolierten abgelegenen Alpentälern auch derzeit noch reine Kleinpopulationen der Apis mellifera mellifera nigra; und diese gilt es zu schützen und zu erhalten.
Ähnlich ungewiß, aber bei strenger züchterischer Kontrolle durch Multivarianz-Analyse durchaus erfolgversprechend, ist die Situation auf den Britischen Inseln, in Dänemark, Norwegen, Schweden, Polen und wahrscheinlich im Baltikum. In allen diesen Ländern sind noch immer umfangreiche Restbestände der Dunklen Europäischen Honigbiene, und zwar verschiedener Unterrassen, vorhanden. Sie werden als „Dark Bees“, „Bruna Bia“, „Nordisk Brune Bia“ oder sogenannte Landrassenbienen gehalten und auch gezüchtet. Und was wünschenswert hinzukommt: Es gibt vielerorts noch Wildpopulationen der Dunklen Europäischen Honigbiene bzw. der dortigen jeweiligen Unterrassen. Von Anfang an günstiger, da mehr traditionsgebunden, ist die reinrassige Erhaltung ausgedehnter Bestände der Apis mellifera mellifera in Frankreich und wahrscheinlich auch in Rußland.
4. Artenschutz-Bezugnahmen
FRIEDRICH RUTTNER (1992) schreibt in seiner „Naturgeschichte der Honigbiene“: „Die alte `braune deutsche Biene ist ausgestorben`“.
– Als Wildpopulation müßte die Dunkle Biene deshalb in den Roten Listen der gefährdeten Planzen- und Tierarten unter der Gefährdungskategorie 0: „Ausgestorben oder verschollen“ geführt werden.
„Als Nutztierrasse (domestizierte Honigbiene) ist ihr tatsächlicher Bestand in der Bundesrepublik Deutschland weit unter die überlebensfähige Populationsgrenze von 200 Reinzucht-Völkern zusammengeschmolzen und deshalb vom Aussterben bedroht“. Doch was wurde bisher in Europa und besonders auch in der Bundesrepublik Deutschland zum Schutz, zur Förderung und zur vielleicht notwendigen Wiedereinbürgerung unternommen? Und darüber hinaus: Geht es eigentlich nur um den Erhalt der Honigbienen-Rasse Apis mellifera mellifera und ihrer noch überlebenden Unterrassen, oder geht es nicht vielmehr um den Schutz eines biozönotischen Wirkungsgefüges insgesamt? Wie jede andere Pflanzen- und Tierart, so steht auch die Honigbiene mit ihren Rassen und Unterrassen in den jeweiligen Verbreitungsgebieten derselben in Beziehung zu den dort heimischen Pollen und Nektar liefernden Blütenpflanzen einerseits und zu den ebenfalls auf diese als Nahrungsquellen angewiesenen blüten-besuchenden und -bestäubenden weiteren Insektenarten andererseits.
Unsere Frage muß also lauten: „Sind in diesem vielfältig verwobenen ökologischen Beziehungsgefüge die einzelnen in Verhalten, Nahrungserwerb und Volksentwicklung so unterschiedlichen Rassen oder Unterarten der Westlichen Honigbiene wirklich einfach austauschbar?“ „Bleibt die Verdrängung der einen Rasse und ihr Ersatz durch eine andere ohne nachteiligen Einfluß auf die übrigen Glieder der jeweiligen Lebensgemeinschaft?“
5. Wechselbeziehungen zu blütenbestäubenden Wildbienen-Arten
Die Honigbiene ist polylektisch; sie vermag also Pollen und Nektar von vielen verschiedenen Blüten-Arten einzutragen und zu verwerten.
Viele der im jeweiligen Gebiet der einzelnen Honigbienen-Rassen ebenfalls heimischen Wildbienen-Arten dagegen sind oligolektisch; d.h. sie sind jeweils auf eine oder einige wenige Blütenpflanzen-Arten spezialisiert, welche nur während ihrer jahreszeitlich häufig eng beschränkten Vermehrungsphase blühen. Auf den jahreszeitlich jeweils wenigen gemeinsamen Trachtpflanzen werden sie von der stärkeren Honigbiene gestört und verdrängt; sie besitzen also keine alternativen Nahrungsquellen, auf die sie ausweichen könnten.
Daß eine solche Konkurrenz tatsächlich vorliegen kann, wurde in Nordamerika nachgewiesen: Dort erfolgte vor Einfuhr der Honigbiene aus Europa die Blütenbestäubung ausschließlich durch Hummeln und andere Wildbienen-Arten (sowie durch andere Insekten). Mit der Honigbienen-Einfuhr aus Europa wurden jedoch in Nordamerika mehrere Wildbienen-Arten verdrängt und im Bestand gefährdet.
Eine gleichgerichtete Nahrungskonkurrenz zwischen Honigbienen und Wildbienen wurde auch für mitteleuropäische Verhältnisse vermutet, aber bisher nicht nachgewiesen.
Imker und Bienenwissenschaftler wehren sich gegen diese Unterstellung zwar mit dem Argument, daß in Mitteleuropa „Honigbiene“ und „Wildbienen“-Arten schon seit vielen Jahrtausenden koexistieren. Das ist jedoch nur die halbe Wahrheit: Es ist nämlich entgegenzuhalten, daß in Mitteleuropa zwar eine gegenseitige Anpassung zwischen den heimischen Wildbienen-Arten und der hier ursprünglich allein heimischen Honigbienen- Rasse Apis mellifera mellifera vorauszusetzen ist, aber keinesfalls zwischen jenen und der später eingeführten fremdländischen Rasse Apis mellifera carnica. Diese Vermutung wird vor allem dadurch gestützt, daß beide Honigbienen-Rassen völlig unterschiedliche Verhaltens- und Vermehrungsweisen besitzen: Im zeitigen Frühjahr sind viele Wildbienen-Arten auf das zur Fütterung ihres (meist nur) zu dieser Jahreszeit hervorgebrachten Nachwuchses auf das beschränkte Pollenangebot der wenigen und nur kurzzeitig nahrungsspendenden Frühblüher angewiesen. Im gleichen Zeitraum tragen die Arbeiterinnen der als Spätentwickler bekannten einheimischen Rasse Apis mellifera mellifera kaum Pollen ein, die Völker der fremdländischen Rasse Apis mellifera carnica, die als Frühentwickler gelten, benötigen dagegen um so mehr!
Dies ist nur einer von mehreren möglichen Konkurrenzfaktoren, der zumindest in Natur- und Landschaftsschutzgebieten zu beachten ist. Eingehende Vergleichsuntersuchungen an allen zur Erörterung anstehenden Rassen sind notwendig; die mit einer Rasse erlangten Ergebnisse müssen nicht gleicherweise für die anderen Rassen Gültigkeit haben. Bevor nicht durch vergleichende und experimentelle Untersuchungen das Gegenteil bewiesen ist, muß im Interesse des Natur- und Artenschutzes davon ausgegangen werden, daß von der allochthonen Honigbienenrasse A. m. carnica störende Einwirkungen auf die autochthonen Wildbienen- Populationen und damit auf die betreffende Lebensgemeinschaft insgesamt ausgehen (In einer besonderen Veröffentlichung sollen diese Überlegungen unter Einbeziehung des vorliegenden Schrifttums ausführlicher dargestellt werden).
6. Schutz- und Fördermaßnahmen in Deutschland
Es kann zwar zunächst als nicht sinnvoll betrachtet werden, die eingeführte fremdländische Rasse Apis mellifera carnica aus der mitteleuropäischen Kulturlandschaft wieder vollständig verdrängen zu wollen: Aufgrund ihrer ökologisch-geographischen Herkunft und im Hinblick auf die natürlich(?)- klimatischen und die nutzungsbedingt- biozönotischen Änderungen in Mitteleuropa ist sie an die damit geschaffene Agrarsteppe besser angepaßt als die hier ursprünglich beheimatete Waldbiene, A. m. mellifera. Außerdem ist sie durch züchterische Auslese bestgeeignet, außerhalb von Natur- und Landschaftsschutzgebieten zur Fremdbestäubung derzeitiger landwirtschaftlicher, vor allem frühblühender und großflächig angebauter Massenkulturen, wie z.B. des Rapses, eingesetzt zu werden.
Im Rahmen des Schutzes einheimischer Tierarten und Tierrassen ist jedoch anzustreben, die ehemals auch in Mitteleuropa ausschließlich vertretene Honigbienenrasse Apis mellifera mellifera, die Dunkle Europäische Biene, hier ebenfalls wieder in Reinbeständen anzusiedeln: Wildlebende oder imkerlich betreute Restbestände sind aufzuspüren, zu fördern und zu vermehren. Eine dauerhafte Wiederansiedlung jedoch kann kurzfristig nur inselartig in abgegrenzten Reservaten erfolgen, in denen dann die Zucht und Haltung aller fremdländischen Rassen zu unterbleiben hat. Territorien, die hierfür in Frage kommen, sind großflächige Naturschutzgebiete und Biosphärenreservate.
Dem Schutz und der Förderung dieser Honigbienenrasse hat sich in der Bundesrepublik Deutschland ein Interessentenverband von Imkern und Bienenkundlern verschrieben, die vor mehr als zwei Jahren eine „Gemeinschaft zum Erhalt der Dunklen Biene e.V.“ gegründet haben. Aus der Anzahl der Mitglieder ist zu entnehmen, daß sich mehr als 120 Personen an dieser Maßnahme beteiligen möchten. Allerdings handelt es sich nicht ausschließlich um natur- und artenschutz- beflissene Imker. Vielmehr erfolgte in den vergangenen Jahren vor allem durch die unbedachten Bemühungen des früheren Vorsitzenden eine wahl- und ziellose Einfuhr von mellifera-mellifera-Bienenköniginnen aus den verschiedensten Randbereichen des ehemals geschlossenen Verbreitungsgebietes der Dunklen Europäischen Honigbiene nach Mitteleuropa. Die dabei vorgenomme nen Streu-Einweiselungen jedoch garantieren keinen Dauerbestand, machen zumindest alle zwei Jahre einen Neuzukauf notwendig und führen unweigerlich zur Bastardierung mit benachbarten mellifera-carnica- Populationen und zur Wiederbegründung von aus imkerlichen Grundsätzen abzulehnenden Mischbeständen. Sie dürften auch – vor allem von Seiten der Carnica-Imkerschaft – zu dem wohl nicht immer unberechtigten Vorwurf führen, „... aus Eigensinn, Nostalgie oder Geschäftssinn ...“ zu handeln.
Darüber hinaus aber wirken solche ziellosen Einfuhren und Streu-Einweiselungen dem eigentlichen Natur- und Artenschutz- Gedanken genau entgegen: Bedenkenlose „Kreuz- und Quer-Einweiselungen“ tragen zur Vermischung und zur Vernichtung der letzten noch überlebenden Unterrassen der Dunklen Europäischen Honigbiene bei: Dänische lehzeni-Königinnen gehören nicht nach Unterfranken, polnische silvarum-Königinnen nicht nach Holstein und Tiroler nigra-Königinnen nicht in die Lüneburger Heide! Eine Wiedereinbürgerung darf jeweils nur aus dem nächstgelegenen Unterrassen-Restbestand, also aus Populationen mit einem Erbgut erfolgen, das weitestgehend mit dem am Einbürgerungsort teilweise oder völlig verlorengegangenen übereinstimmt.
Vom 08. – 11. September 1995 fand in Flekkefjord / Norwegen eine Internationale Konferenz zum Schutz und zur Förderung der europäischen Honigbienen-Unterart Apis mellifera mellifera statt. Der Verfasser dieser Mitteilung hat als einziger Vertreter der GEDB an dieser von etwa 40 weiteren Bienenkundlern und Imkerei-Interessenten aus verschiedenen Ländern Europas besuchten Veranstaltung teilgenommen.
Aus den Berichten der einzelnen Ländervertreter ging hervor, daß im Gegensatz zu den in Deutschland bisher weitgehend ergebnislosen Anstrengungen andernorts Schutz, Förderung, Wiedereinbürgerung, Zucht und imkerliche Nutzung der Dunklen Europäischen Honigbiene viel weiter gediehen sind. Unter Hinweis auf die auch von der Bundesrepublik Deutschland auf der „Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung (UNCED), Rio de Janeiro 1992“ unterzeichnete UN-Biodiversitätskonvention wurde vermerkt, daß ausgerechnet in Deutschland als einem der reichsten europäischen Länder imkerliches Handeln und Imkerverbands-Maßnahmen allein durch kommerziell-opportunistische Interessen gelenkt werden, und daß dabei massiv gegen das internationale Artenschutz- Abkommen verstoßen wird.
Alle Länder, die im Bereich des natürlichen jetzigen und ehemaligen Verbreitungsgebietes der Honigbienen-Unterart Apis mellifera mellifera liegen, wurden aufgerufen, vor allem durch die Einrichtung von Schutzgebieten zum Erhalt und zur Wiederausbreitung der örtlichen Unterrassen und Populationen dieser vom Aussterben bedrohten Rasse beizutragen.
Entsprechende Bemühungen und Antragstellungen des Verfassers wurden bisher durch örtliche Imkervereine, durch Vertreter des Deutschen Imkerbundes, durch politische Gremien und durch der Carnica- Imkerschaft verbundene deutsche Bienenforschungsinstitute erfolgreich behindert: unter Zuhilfenahme öffentlicher Medien, mit unfeinen und zum Teil gesetzwidrigen Maßnahmen.
Als Krönung dieser Anfeindungen und Mellifera-Unterdrückungsbestrebungen kann die neuerdings seitens dieser Institutionen unternommene Beantragung von Natur- und Artenschutz-Mitteln zur entgegengesetzten Förderung der fremdländischen Rasse Apis mellifera carnica im angestammten Verbreitungsbereich der Apis mellifera mellifera und zu deren weiterer Vernichtung betrachtet werden.
7. Internationale Anstrengungen zum Schutz und zur Förderung
Im Gegensatz zu den in der Bundesrepublik Deutschland allein auf die Förderung der fremdländischen Rasse Apis mellifera carnica ausgerichteten Verhältnisse sind in anderen europäischen Ländern die Bestrebungen zum Schutz der einst allein hier heimischen Apis mellifera mellifera viel weiter gediehen. So wurde auf Anregung des Leiters des von den südnorwegischen Gemeinden Flekkefjord, Lund, Sirdal und Sokndal getragenen Projekts zur Einrichtung des A. m. mellifera-Schutz- und Reinzuchtgebietes ‘Flekkefjord’ im Jahre 1995 eine Konferenz abgehalten, deren Grundsätze und Absichten den nachfolgend wiedergegebenen Dokumenten zu entnehmen sind:
Erste Internationale Konferenz zum Schutz der Dunklen Europäischen Honigbiene, Apis mellifera mellifera, Flekkefjord/Norge : 1995-09-08 / -11
ErklärungIm Interesse europäischer Kultur, aus Verantwortung zur Bewahrung einer größtmöglichen genetischen Vielfalt für nachkommende Generationen, im Dienste des Natur- und Artenschutzes sowie aus landwirtschaftlich- ökonomischen Gründen betrachten wir die Erhaltung der Dunklen Europäischen Biene, der geographischen Rasse Apis mellifera mellifera, als eine Aufgabe von nationaler und internationaler Bedeutung.
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Nach der letzten Glazialperiode ist die Dunkle Honigbiene von ihrem eiszeitlichen Refugium aus nordwärts gewandert und hat das gesamte Gebiet nördlich der Pyrenäen, der Alpen, der Karpathen und des Kaukasus lückenlos besiedelt. Ihr Verbreitungsgebiet reichte im Westen bis nach Irland, im Osten bis zum Ural und im Norden bis in das mittlere Skandinavien. In Anpassung an die unterschiedlichen geographischen und klimatischen Bedingungen dieses weitflächigen Gebietes hat sie eine ganze Reihe von Unterrassen gebildet.
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Ausgehend von wissenschaftlichen Veröffentlichungen und von Verlautbarungen verschiedener Imkerverbände müssen wir feststellen, daß manche der geographischen Unterrassen und ökologischen Varianten der Dunklen Europäischen Honigbiene inzwischen ausgestorben sind, und daß die Dunkle Honigbiene als die früher in Europa am weitesten verbreitete geographische Rasse in vielen Teilen ihres ursprünglichen Verbreitungsgebietes nicht mehr vorkommt.
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Dieser Verlust ist nicht auf natürliche Vorgänge zurückzuführen. Er ist das Ergebnis einer von Imkern und Imkerverbänden aus vorwiegend wirtschaftlichen Gründen vorgenommenen und oft staatlich unterstützten Einfuhr fremdländischer Honigbienen- Rassen. In Mitteleuropa, aber auch in Ländern West-, Nord- und Osteuropas wurde die ehedem hier allein heimische Dunkle Honigbiene, Apis mellifera mellifera, vor allem durch die in den letzten Jahrzehnten vom nördlichen Balkan importierte Krainer Honigbiene, Apis mellifera carnica, verdrängt.
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In Kenntnis dieser Situation fühlen wir uns verpflichtet, alles zu unternehmen und zu veranlassen, die in meist kleinräumigen Populationen noch verbliebenen Unterrassen der Dunklen Honigbiene, die ebenfalls durch gewinnorientierte imkerliche Maßnahmen gefährdet sind, zu schützen, zu erhalten und wieder zu fördern. Hierzu geben wir folgende Empfehlungen und Hinweise:
(1) Alle Bemühungen zur Erforschung, zur Erhaltung und zur Wiederansiedlung sowie zur Zucht und imkerlichen Betreuung der Dunklen Honigbiene sind zu fördern. Sie verdienen der öffentlichen Obhut und finanziellen Unterstützung.
(a) Alle im Bereich des ursprünglichen Verbreitungsgebietes der Dunklen Biene gelegenen Staaten sollten ihrer Verantwortung zur Erhaltung der Dunklen Biene vor allem derart nachkommen, daß sie Pläne und Projekte fördern oder entwickeln, um geschützte Gebiete zur ausschließlichen Zucht und Haltung der Dunklen Biene einzurichten und als solche auf Dauer auszuweisen.
(b) Staaten, welche die UN-Biodiversitätskonvention* unterzeichnet haben und damit verpflichtet sind, die Erhaltung bedrohter Arten und Rassen zu gewährleisten, tragen Verantwortung, gleicherweise auch die vom Aussterben bedrohte Dunkle Europäische Honigbiene, die Rasse Apis mellifera mellifera, mit möglichst vielen ihrer noch überlebenden Unterrassen zu erhalten.
(c) Imker, Imkervereine, Imkerverbände und andere Institutionen, die sich mit Zuchtprogrammen zur Erhaltung der Dunklen Biene und ihrer verschiedenen Unterrassen befassen und bedacht sind deren ursprüngliche Eigenschaften zu bewahren, verdienen staatliche Förderung und finanzielle Unterstützung durch Behörden und dem Naturschutz verpflichtete Stiftungen.
(d) Imker, die bisher innerhalb und im Pufferbereich von Naturschutzgebieten oder in zur Zucht und Haltung der Dunklen Biene neu ausgewiesenen und damit gleicherweise geschützten Gebieten Bienenvölker einer anderen (fremdländischen oder künstlichen) Rasse halten oder züchten und deren Zucht und Haltung mit der Wiederansiedlung der Dunklen Biene einstellen, haben Anspruch auf finanzielle Entschädigung.
(e) Staatliche und private Forschungseinrichtungen, die sich mit bienenkundlichen und imkereilichen Untersuchungen befassen, sollten angehalten sein, sich bevorzugt der Erforschung der Dunklen Europäischen Honigbiene zuzuwenden und vor allem die dringend erforderliche Erfassung der speziellen Eigenheiten und Merkmale der vom Aussterben bedrohten geographischen Unterrassen und ökologischen Varianten vorzunehmen.
(f) Staatliche und private Fördereinrichtungen und Stiftungen, deren Aufgabe es ist, natur- und landwirtschaftswissenschaftliche Forschungsarbeiten oder Naturschutzprojekte zu finanzieren, sollten angehalten sein, verstärkt Untersuchungen zu unterstützen, die sich mit Fragen der geographischen und ökologischen Verbreitung, der soziologischen und ökologischen Beziehungen, des Schutzes, der Wiedereinbürgerung, der Zucht und Haltung sowie der Verhaltens und Merkmalsdiagnostik der Dunklen Europäischen Honigbiene und ihrer Unterrassen befassen. Zur Veranlassung und Förderung vorgenannter Vorhaben und Maßnahmen und zur Unterstützung der mit diesen Aufgaben befaßten nationalen und regionalen Vereine, Verbände und Institutionen haben die Teilnehmer an der Ersten Internationalen Konferenz zur Erhaltung der Dunklen Europäischen Honigbiene beschlossen, einen Internationalen Verband zu gründen. Als Sekretär dieses Internationalen Verbandes zum Schutz der Dunklen Europäischen Honigbiene wurde für die erste Amtsperiode einstimmig gewählt: Herr Nils Drivdal, Flekkefjord / Norwegen. Beteiligt an dieser Beschlußfassung und Zielsetzung der Versammlung waren 45 Bienenwissenschaftler und Imkerei-Repräsentanten aus den Ländern Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Norwegen, Österreich, Polen, Schweden und der Schweiz.
Dachverband zum Schutz der Dunklen Europäischen Honigbiene, Apis mellifera mellifera, Sitz: Flekkefjord/Norge
Vorläufige Satzung
Entsprechend der von den Teilnehmern an der Ersten Internationalen Konferenz zur Erhaltung der Dunklen Europäischen Biene in Flekkefjord / Norwegen am 10. September 1995 verabschiedeten Erklärung gibt sich der dort gegründete Dachverband zum Schutz der Dunklen Europäischen Honigbiene, Apis mellifera mellifera, folgende vorläufige Satzung:
Aufgabe des Dachverbandes zum Schutz der Dunklen Europäischen Honigbiene (DSDEH) sind Erforschung, Erhaltung, Schutz, Förderung und Zucht der ehemals in Europa weitverbreiteten und jetzt bestandsgefährdeten Dunklen Europäischen Honigbiene, der geographischen Rasse Apis mellifera mellifera Linnaeus 1758, mit allen ihren noch überlebenden geographischen Unterrassen und ökologischen Varianten. Die Wahrnehmung dieser uns selbst auferlegten Aufgabe erfolgt (a) im Interesse europäischer Kultur, aus Verantwortung zur Bewahrung einer größtmöglichen genetischen Vielfalt für nachkommende Generationen sowie im Dienste des Natur- und Artenschutzes, (b) aus kulturhistorischen und landwirtschaftlich-ökonomischen Gründen:
Zu a: Apis mellifera mellifera ist eine Wildbienen-Form, die mannigfaltig in die Lebensgemeinschaften vieler europäischer Landschaften eingebunden ist und nicht ausgerottet werden darf.
Zu b: Sie stellt gleichzeitig eine alte europäische Nutztierrasse mit mehr als tausendjähriger Tradition dar und gehört damit zum europäischen Kulturerbe. Der DSDEH betrachtet sich seiner Namensgebung entsprechend als Internationaler Dachverband für bereits bestehende und künftig zu gründende nationale und regionale Vereine, Verbände, Institutionen und Interessengruppen gleicher Zielvorstellung. Er gründet seine Tätigkeit auf von solchen Vereinigungen bereits geleistete Arbeiten und in die Wege geleitete Vorhaben sowie auf die Kenntnisse und Erkenntnisse ihrer Mitglieder.
(A) Der Dachverband zum Schutz der Dunklen Europäischen Honigbiene befaßt sich zunächst mit folgenden Einzelaufgaben:
(1) Er fördert und unterstützt die internationale Zusammenarbeit zwischen wissenschaftlichen Institutionen und Imker-Organisationen, die sich mit Projekten zur Erhaltung der Dunklen Biene befassen.
(2) Er beschafft für die Erhaltung der Dunklen Biene wichtige Kenntnisse und Erkenntnisse und leitet diese an die ihm angeschlossenen Vereinigungen weiter. Die Unterrichtung ihrer Einzelmitglieder bleibt Aufgabe der einzelnen Vereine, Verbände und Institutionen.
(3) Er wendet sich durch Aufklärungs- und Werbemaßnahmen an die Öffentlichkeit sowie an internationale und – in Absprache mit den betreffenden Mitgliederverbänden – auch an nationale politische, gesellschaftliche und wissenschaftliche Organisationen, um Verständnis und Förderung für seine Aufgaben und Ziele zu erreichen.
(4) Bezugnehmend auf die UN-Konvention zur Wahrung der Biologischen Diversität* bemüht er sich um politische und finanzielle Unterstützung zur Durchführung der verschiedenen Projekte seiner Mitglieder, die sich mit der Erforschung, Erhaltung, Förderung, Wiederansiedlung und Zucht der Dunklen Biene befassen.
(5) Er unterstützt auf Anforderung die Vorhaben seiner Mitglieder durch wissenschaftliche und technische Beratung. Im Bedarfsfalle organisiert er internationale Experten-Konferenzen oder vermittelt die Unterstützung durch wissenschaftliche Institutionen.
(6) Die vorgesehene Beratung und Unterstützung wird allen Mitgliedern des DEDEH unabhängig von Landeszugehörigkeit und geographischer Herkunft gleichermaßen zuteil. Auf diese Weise sind Erhaltung und imkerliche Nutzung möglichst aller geographischen Unterrassen und ökologischen Varianten im Gesamtgebiet der jetzigen und ehemaligen Verbreitung der Dunklen Europäischen Biene zu gewährleisten.
(B) Der Dachverband zum Schutz der Dunklen Europäischen Honigbiene besitzt zunächst folgende Organisationsstruktur:
(7) Zentrale des DSDEH ist der Amtssitz des gewählten derzeitigen Sekretärs Nils Drivdal: Landbrukskontoret, Kirkegata 52, N-4400 Flekkefjord / Norwegen. Der Sekretär wird in den Ländern, die bei der Konferenz 1995 vertreten waren, durch die bereits dort tätigen Landessprecher unterstützt.
(8) Jeder Vereinigung und jeder Einzelperson, die sich zu den Zielvorstellungen und Aufgaben des Dachverbandes bekennt, steht es frei, die Mitgliedschaft zu beantragen. Der Vorstand befindet über die Aufnahme des Bewerbers. Vereinigungen und Institutionen sowie Funktionäre von Vereinigungen und Institutionen, die sich ausschließlich oder überwiegend mit der Erfor- schung, Förderung und Zucht anderer natürlicher oder künstlicher Honigbienen- Rassen befassen, sind von der Mitgliedschaft ausgeschlossen.
(9) Der Vorstand des DSDEH bemüht sich um eine Finanzierung seiner organisatorischen Aufgaben aus internationalen Fördermitteln. Daneben entrichtet jeder Mitgliedsverein einen Jahresbeitrag, dessen Höhe der Anzahl seiner Einzelmitglieder entspricht und auf der Jahresversammlung 1996 festgelegt wird. Weitere finanzielle Belastungen kommen auf die Mitgliedsvereine nicht zu.
(10) Der DSDEH wird alle zwei Jahre eine Konferenz abhalten: (a) als internationales Forum für wissenschaftliche, praxisnahe und organisatorische Vorträge und Erörterungen, (b) als Begegnungsmöglichkeit zur Initiierung und Koordinierung von Forschungs-,Schutz- und Zuchtvorhaben.
(11) Die im zweijährigen Wechsel stattfindenden Konferenzen werden von jeweils einem anderen Mitgliedsverband oder Mitgliedslandausgerichtet und finanziert.
(12) Vorschläge für auf diesen Konferenzen zu behandelnde Fragen sowie Anmeldungenvon Vorträgen müssen dem Sekretär spätestens drei Monate vor Konferenzbeginn zugeleitet werden.
(13) Der Vorstand des DSDEH wird auf der alle zwei Jahre stattfindenden Konferenz für eine Amtszeit von zwei Jahren neu gewählt. Jeder Mitgliedsverband kann zur Wahl jedes Vorstandsmitgliedes zwei Stimmen abgeben.
(14) Der Engere Vorstand besteht aus dem Ersten Vorsitzenden, dem Zweiten Vorsitzenden, dem Schriftführer, dem Kassenwart und drei Beiräten (für: a Forschung, b Naturschutz, c Zuchtfragen).
(15) Der Engere Vorstand kann durch einen Erweiterten Vorstand ergänzt werden. Ihm gehören neben den Mitgliedern des Engeren Vorstandes je ein Sprecher aller im DEDEH vertretenen Länder an.
(16) Konferenzsprachen des DSDEH sind entsprechend der Anzahl der anteilig vertretenen Länder ´Skandinavisch´, Englisch und Deutsch. Die Satzung des DEDEH sowie Rundschreiben und alle offiziellen Verlautbarungen werden in diesen drei Sprachen und auf Verlangen anderssprachiger Mitgliederauch in weiteren Sprachen verabschiedet.
(17) Die endgültige Organisationsstruktur des DSDEH wird anläßlich einer im September 1996 stattfindenden Versammlung festgelegt. Die endgültige Satzung des DEDEH wird auf dieser Versammlung beraten und verabschiedet. Vorschläge für Änderungen und Ergänzungen dieser Vorläufigen Satzungmüssen dem Sekretär und den jeweiligen Landessprechern bis Anfang Januar 1996 zugehen.
8. Eingerichtete und vorgesehene Schutzgebiete außerhalb Deutschlands
Bereits vor Verabschiedung vorstehender Satzung wurden in mehreren Ländern Europas Schutz- und Reinzuchtgebiete für die Dunkle Europäische Honigbiene eingerichtet. Das bekannteste derselben ist das unter Leitung von Nils Drivdal stehende Gebiet von Flekkefjord in Südnorwegen (DRIVDAL 1995). Ein weiteres Reinzuchtgebiet besteht auf der Insel Læsø in Dänemark; hier allerdings gab es bis zur Flekkefjord-Konferenz noch Widerstreit mit Imkern, die andere Rassen bevorzugten. Bei den in beiden Schutzgebieten geförderten Dunklen Bienen dürfte es sich um die Unterrasse A. m. m. lehzeni handeln. Beide Gebiete erscheinen für den vorgesehenen Zweck hervorragend geeignet, das eine durch seine von hohen Bergen umgebene Tallage und das andere durch seine Insellage. Ähnlich wie in Südnorwegen werden derzeit auch in Tirol zwei Alpentäler als mellifera-Schutz und -Reinzuchtgebiete in Aussicht genommen. Sie werden der dort noch immer in größeren Reinbeständen vorhandenen Alpenrasse der Dunklen Europäischen Honigbiene, A. m. m. nigra, eine weitere Überlebenschance bieten. Vom Landschaftscharakter her vielleicht weniger günstig, da ohne natürliche abschirmende Begrenzungen, dürften die beiden inPolen bestehenden mellifera-Schutz- und Zuchtgebiete sein. Im weiter östlich gelegenen dürfte es sich um Bestände der auch zum Baltikum und nach Rußland hin verbreiteten Taiga-Biene, A. m. m. silvarum, handeln. Die eines westlich gelegenen Schutzgebietes wird als ‘Pomorska’ oder Pommersche Landrasse bezeichnet; ob es sich um Angehörige der A. m. m. lehzeni oder der A. m. m. germanica (=A. m. m. mellifera ?) handelt, sollte geprüft werden. Ebensolche Gebiete werden derzeit auch in Schweden angelegt. Über die Gebiete mit ausschließlicher
A. m. m.-Verbreitung oder -Haltung auf den Britischen Inseln und in Frankreich liegen noch keine genauen Angaben vor.
9. Schutzgebiets-Bemühungen in Deutschland Im Bestreben, den anderen europäischen Ländern bei den Bemühungen zum Schutz der Dunklen Europäischen Honigbiene nicht nachzustehen, wurden auch in der Bundesrepublik Deutschland gleichgerichtete Überlegungen und Vorbereitungen angestellt. Richtlinie für ein solches Vorhaben auch in Deutschland sollte dabei die z.B. von KARL DREHER (1995) gestellte Forderung sein: „Eine neue Natur- oder Kunstrasse der Honigbiene läßt sich nur seßhaft machen und halten, wenn es im Rahmen eines Reinzuchtgebietes von etwa 25 km Durchmesser geschieht, in dessen Zentrum natürliche Reinpaarungen möglich sind. Nur mit instrumenteller oder Inselpaarung im bisherigen Umfang läßt sich eine Inzuchtdepression nicht vermeiden. Es muß ein Auslesereservoir von Hunderten gleichrassiger Völker zur Verfügung stehen.“ Ein Gebiet, das aufgrund seiner inselartigen Gebirgslage mit den damit verbundenen klimatischen und naturnahen biozönotischen Verhältnissen hierfür in Frage kommt, ist das Internationale Biosphärenreservat Hochrhön. Aufgrund heftiger Widerstände seitens der benachbarten carnica-Imkerschaft, der auf carnica-Förderung eingestellten Imkerverbände und Bienenforschungsinstitute sowie der durch diese zum Widerspruch aufgeforderten Behörden ist dieses Vorhaben zwar vorerst zum Erliegen gekommen, aber keinesfalls aufgegeben worden. Ebenso wie das ebenfalls in Betracht gezogene Internationale Biosphärenreservat Schorfheide bietet es nicht nur landschaftlich, sondern auch naturschutz-rechtlich gesehen die besten Voraussetzungen. In einem Protokoll über eine Konferenz (1995) zu diesem Vorhaben faßt der Referent für Naturschutzfragen beim zuständigen Hessischen Regierungspräsidium Kassel, Herr Dr. JOCHEN TAMM, zusammen:
(a) „Aus der Sicht des Artenschutzes sollte der Dunklen Honigbiene ein Heimatgebiet in ihrem alten Verbreitungsgebiet bereitgestellt werden, wo sie langfristig überleben kann. In diesen Gebieten sollte die Carnica zurückgenommen werden.“
(b) „Die Vorteile der Rhön für die Ansiedlungder Dunklen Honigbiene sind die Hochlage und die geringe Besiedlung im Zentrum. Außerdem stellt die Rhön ein Großschutzgebiet dar, das formalrechtliche Vereinfachungen für die Ansiedlung bietet. Gleichzeitig können über die EU finanzielle Fördermöglichkeiten gewährt werden.“
10. Rechtliche Voraussetzungen
Bei der imkerlichen Nutzung von naturnahen Bereichen und Naturschutzgebieten müssen in Deutschland nach den geltenden Rechtsverordnungen des Bundes und der Länder folgende Maßstäbe angelegt werden: Vor allem greift § 20 d, Absatz (2) des Bundesnaturschutzgesetzes, in dem gesagt wird: „Gebietsfremde Tiere und Pflanzen wildlebender und nicht wildlebender Arten dürfen nur mit Genehmigung der nach Landesrecht zuständigen Behörde ausgesetzt oder in der freien Natur angesiedelt werden. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die Gefahr einer Verfälschung der heimischen Tier- und Pflanzenwelt besteht oder eine Gefährdung des Bestandes oder der Verbreitung heimischer wildlebender Tier- und Pflanzenarten nicht auszuschließen ist“. Im Bayerischen Naturschutzgesetz heißt es in Artikel 16, Absatz (3): „Nichteinheimische Tiere dürfen nicht ausgesetzt oder in der freien Natur angesiedelt werden“. Im Hessischen Naturschutzgesetz heißt es in § 27 Satz (1): „Es ist verboten, gebietsfremde Pflanzenarten auszusähen oder anzupflanzen sowie gebietsfremde Tierarten auszusetzen oder anzusiedeln“. Und in der Thüringischen Verordnung über die Festsetzung von Naturschutzgebieten und einem Landschaftsschutzgebiet von zentraler Bedeutung mit der Gesamtbezeichnung ‘Biosphärenreservat Rhön’ heißt es in § 6 Verbote, Absatz (2): „Für die Schutzzone II gelten die in Absatz 1 aufgeführten Verbote. Weiterhin ist es verboten (Satz 7), NichtheimischeTier- und Pflanzenarten und -rassen auszubringen.“ Weiterhin in Absatz (3): „Für die Schutzzone I gelten die in Absätzen 1 und 2 aufgeführten Verbote.“
Nach diesen Gesetzen ist es verboten, Völker der gebietsfremden Krainer Honigbiene, Apis mellifera carnica, in Naturschutzgebiete einzubringen, die im natürlichen Verbreitungsbereich der hier ehemals allein heimischen und noch in Restbeständen vorhandenen Honigbienen-Unterart Apis mellifera mellifera liegen. Im Biosphärenreservat Rhön würde dieses Verbot nicht nur für die in Schutzzone 1 gelegenen Naturschutzgebiete gelten, sondern darüber hinaus auch für Schutzzone 2, also geschützte Landschaftsteile einschließen. Nicht zutreffen dagegen würden diese Bestimmungen für das Einbringen, für die Ansiedlung oder Wiederansiedlung der ehemals hier überall heimischen und verbreiteten Dunklen Deutschen Biene, der Apis mellifera mellifera. (Allerdings sollte dies auch nur insoweit gelten, als es sich nicht um Massen-Ansiedlungen handelt, um keine gehäufte Aufstellung von mellifera-mellifera- Völkern, die gleicherweise, weil unnatürlich, zur Störung des Gleichgewichts in der Biozönose zu führen vermöchten). Darüber hinaus fordern die gesetzlichen Bestimmungen sogar die Wiederansiedlung dieser vom Aussterben bedrohten Rasse. So heißt es im 5. Abschnitt des Hessischen Naturschutzgesetzes in ‘§ 21. Allgemeine Vorschriften’:
„Der Artenschutz schließt auch die Ansiedlung verdrängter oder in ihrem Bestand bedrohter Pflanzen- und Tierarten an geeigneten Lebensstätten innerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes ein.“ Gleicherweise wird im 5. Abschnitt des Naturschutzgesetzes von Baden-Württemberg in § 27 Satz (2) gefordert: „Seltene, in ihrem Bestand bedrohte, für den Naturhaushalt besonders bedeutsame oder aus wissenschaftlichen Gründen wichtige Pflanzenund Tierarten sind an ihren Lebensstätten zu erhalten, zu pflegen und gegen Beeinträchtigungenzu schützen.“ „Die Wiederansiedlung verdrängter oder in ihrem Bestand bedrohter Pflanzen- und Tierarten soll an geeigneten Lebensstätten innerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes gefördert werden.“ Sicher könnte entgegengehalten werden, (a) daß alle diese Naturschutz-Verordnungen nur für Wildtiere, aber nicht für Haustiere gelten, und (b), daß die Imkerei zur Landwirtschaft gehört und Landwirte hinsichtlich der Landschaftsnutzung privilegiert seien. Somit ist Haustierhaltung bzw. Weidetierhaltung auch in Landschaftsschutzgebieten statthaft. Und die Einfuhr und Haltung 44 Insecta, Berlin, 5 (1997) fremdländischer Tiere nach Deutschland und in Deutschland unterliegt ebenfalls keiner absoluten Beschränkung.
Allerdings ist einzuwenden: Die Honigbiene und alle ihre Rassen sind keine echten Haustiere: Honigbienen sind Haustiere und Wildtiere zugleich; sie können als Nutztiere bezeichnet werden. Honigbienen lassen sich nicht einsperren oder hüten; sie können nicht wie andere eingefangene Wildtiere in Gehegen gehalten werden. Honigbienen gehen ohne jede Beaufsichtigung auf Futtersuche und konkurrieren dabei mit anderen Insekten. Honigbienen paaren sich in der freien Natur ohne Auswahl und Lenkung durch den Menschen. Honigbienen sind – so weit sie von Imkern betreut werden – zwar Nutztiere. Außerhalb der ihnen von Imkern gebotenen Behausung verhalten sie sich jedoch wie nicht-gezähmte, also echte Wildtiere. Sie werden daher nicht durch die vom Gesetzgeber für landwirtschaftliche Privilegien vorgesehenen Begriffskategorien „Haustiere“, „Weidetiere“, „in Gehegen gehaltene Tiere“ erfaßt. Naturschutz-rechtlich sind Honigbienen in allen ihren Rassen daher wie Wildtiere zu behandeln: Die Einbringung aller nicht ursprünglich im Gebiet heimischen Rassen ist somit zu untersagen. Die Wiederansiedlung einer ursprünglich im Gebiet beheimateten und in ihrem Bestand bedrohten Rasse ist dagegen zu fördern.
11. Weitere naturschutz-rechtliche Überlegungen
Im Interesse der Carnica-Imker, die ihre Völker im guten Glauben oder bereits vor Verabschiedung der vorgenannten Artenschutz- Vorschriften in Natur- und Landschaftsschutzgebiete eingebracht haben, ist vorzusehen, daß diese durch die Einrichtung eines mellifera-mellifera-Schutzgebietes nicht benachteiligt oder geschädigt werden. Jeder Carnica-Imker der bereit ist, seine Völker aus einem ausgewiesenen melliferamellifera- Schutzgebiet und dessen näherem Umkreis zurückzunehmen, oder aber unter Beibehaltung seines Standortes von der carnica- Haltung ausschließlich und fortwährend auf die mellifera-Haltung überzuwechseln, sollte aus Naturschutzmitteln des Landes, des Bundes oder internationaler Organisationen entsprechende Umstellungsbeihilfen erhalten. Daneben ist jedoch zu fordern, daß die Imkerei – zumindest so weit sie sich um Haltung und Zucht nicht-autochthoner Honigbienen- Rassen bemüht – keinesfalls im Naturschutzgesetz des Bundes und der Länder verankert werden darf: Imkerei mit fremdländischen (weil vielleicht ertragsreicheren Rassen) ist keine Naturschutz-Arbeit, sondern auf Erwerb und Wirtschaftlichkeit ausgerichtete Naturausbeutung. Ein entsprechender Antrag des Deutschen Imkerbundes e.V. vom 30. Juli 1996 (KULL 1996) ist entschieden zurückzuweisen. Honigbienen sind im Gegensatz zu Haus- und Weidetieren sowie eingegatterten Wildtieren außerhalb ihres Stockes der imkerlichen Aufsicht und Einwirkung entzogen. In der vom Menschen ohnehin biozönotisch umgestalteten Kulturlandschaft ist das hinzunehmen und bedarf keiner naturschutzrechtlichen Verankerung. In der Naturlandschaft (Naturschutzgebieten, Biosphärenreservaten) jedoch ist der auf Erwerb ausgerichteten Imkerei jegliches Vorrecht zu untersagen.
In diesem Sinne ist es keinesfalls vertretbar, daß die Imkerei als landwirtschaftlicher Erwerbs- und Nebenerwerbszweig, der eine fremdländische Nutztierrasse fördert und dabei eine einheimische Rasse verdrängt und vernichtet, zum Beispiel durch das Umweltministerium von Mecklenburg-Vorpommern im Jahre „1993 erstmalig aus Artenschutzmitteln 250.000 DM zur Verfügung“ (EFFENBERGER 1993) gestellt bekommt. Erstaunlich ist, daß dies trotz des Einspruches des Bundesfachausschusses Entomologie im Naturschutzbund Deutschland geschah:
„Ziel des Naturschutzes ist es, wildlebende Organismenarten in ihrer spezifischen Geobiozönose dauerhaft für die Nachwelt zu erhalten und dies gegebenenfalls durch entsprechende Schutzmaßnahmen zu fördern. Die Förderung der Imkerei entspricht nicht diesem Ziel“ (MÜLLER-MOTZFELD 1992). Es muß leider unterstellt werden, daß die deutschen Naturschutzverbände und Naturschutzbehörden nicht wissen, daß zwischen Honigbiene (einheimische fast ausgerottete Apis mellifera mellifera) und Honigbiene (fremdländische, eingeführte und wirtschaftlich genutzte Apis mellifera carnica) streng zu unterscheiden ist, daß sie in dieser Beziehung jedoch ständig durch Imkerei und Imkerverbände hinters Licht geführt werden. Deutlich gemacht wird diese Situation in einer weiteren Verlautbarung von MÜLLERMOTZFELD (1992): „Als förderungswürdig könnte ev. ein Projekt zur gezielten Auswilderung von geeigneten, dem ‘Wildtyp’ der Honigbiene nahekommenden Rassen gelten. Dabei wäre zu prüfen, ob eine genetische Näherung an die ehemaligen einheimischen Rassen lehzeni, mellifera s.str. u. nigra möglich ist und wie die schrittweise Auswilderung erfolgen soll.“ „Die finanzielle Stützung des Wirtschaftszweiges Imkerei und der damit verbundenen Zuchtformen der Honigbiene ist eindeutig eine Aufgabe der Landwirtschaft. (Um es deutlich zu machen: Das Erhalten oder Wiedereinbürgern des Wolfes in geeigneten Gebieten Nordeuropas wäre aus Naturschutzsicht förderbar, aber nicht die Hundezucht.)“
12. Ausblick
Aus den letztangeführten Darlegungen mag hervorgehen, daß die vom Verfasser vorgeschlagene Einrichtung eines Schutzund Reinzuchtgebietes für eine der Unterrassen der ehedem ausschließlich in Mitteleuropa heimischen Rasse Apis mellifera mellifera nichts Neues ist. Ebenso wie in anderen europäischen Ländern sollte das auch umgehend in Deutschland erfolgen. Ein unter wissenschaftlicher Betreuung stehendes großflächiges Schutz- und Reinzuchtgebiet würde nicht nur der Erhaltung einer gefährdeten Tierform dienen, und nicht nur eine Gen-Resource dieser Tierform für künftige Generationen darstellen, sondern würde zugleich für an der Haltung der Dunklen Europäischen Biene interessierte Imker eine billige Bezugsmöglichkeit bieten. Denn Privat- Reinzüchter und selbst Insel-Belegstellen könnten das aufgrund nicht auszuschließender Inzuchtprobleme nicht leisten. Das Internationale Biosphärenreservat Hochrhön würde mit einem sich über die Länder Bayern, Hessen und Thüringen erstreckenden Kern- und Hochflächenbereich von mehr als 100 km2 hierfür gute Möglichkeiten bieten. Geographisch-ökologische und naturschutz-rechtliche Voraussetzungen wurden bereits eingehend geprüft, erörtert und für gut befunden (KOMMALLEIN & TAMM 1995). Nach erfolgreicher Einbürgerung in Einzelaufstellung von ständig zu betreuenden Völkern ist vorzusehen, auch eine Auswilderung unter wissenschaftlicher Begleitkontrolle durchzuführen. Das Biosphärenreservat Hochrhön mit dünner menschlicher Besiedlung, mit weitflächigen naturnahen Gebieten und auch natürlichen Nistmöglichkeiten in hohlen Baumstämmen und Felsnischen erscheint auch für dieses Vorhaben geeignet. Diese Maßnahmen würden einer „daeurhaft umweltgerechten Entwicklung“, wie sie vom UNESCO-Programm ‘Der Mensch und die Biosphäre’ vorgesehen sind (ERDMANN & NAUBER 1996), dienlich sein.
Mit der vorgesehenen Einbeziehung der örtlichen Imkerschaft würde außerdem im primären Wirtschaftssektor ein integriertes Konzept „einer dauerhaft-umweltgerechten Landnutzung zu entwickeln und umzusetzen“ sein, wie sie das MAB-Programm ebenfalls vorsieht. Es ist nämlich durchaus beabsichtigt, mit den im Gebiet ansässigen Imkern übereinzukommen und ihnen bei finanzieller Unterstützung zu ermöglichen, anstelle der fremdländischen Krainer Biene wieder die ehemals heimische Dunkle Europäische Biene, die auch eine alte deutsche Nutztierrasse darstellt, in Zucht zu nehmen und imkerlich zu bewirtschaften.
Vorerst jedoch scheitert die sinnvolle und großflächige Durchführung dieses Vorhabens am unbegreiflich heftigen Widerstand eines Großteils der örtlichen Imkerschaft und der mit ihnen verbundenen Institutionen: Nur die slowenisch-krainische Rasse Apis mellifera carnica wird derzeit als die bestgeeignete betrachtet – so, wie vor etwa 120 Jahren die italienische Rasse Apis mellifera ligustica.
Es ist nur zu hoffen, daß der ‘deutsche Enthusiasmus’ für diese und weitere Importformen im Laufe der Jahre ebenso schwindet, wie der für jene andere ja bereits vor vielen Jahrzehnten restlos aufgegeben worden ist.
In diesem Sinne sollte man sich vorerst mit den Erfahrungen und Erkenntnissen eines Bienenzüchters und Bienenwissenschaftlers jener Zeit (POLLMANN 1889) trösten:
„Als die Race 1853 nach Deutschland kam und ... auf das Emphatischste empfohlen und gepriesen wurde, ließ auch ich mich durch diese Novität des schmucken Kleides dieser Welschländerin blenden ... Aber sehr bald erkannte ich, daß ich mich getäuscht hatte, bekannte frank und frei meinen Irrthum und gab den Handel auf. Doch bereits lag die deutsche Imkerschaft im heftigsten Fieberparoxismus, und es war bereits unantastbares Dogma, daß in der italienischen Biene der honiggesalbte Immenheiland endlich erschienen sei, der den Honig in den Stöcken nimmer versiegen, sondern immerdar sprudeln und sprudeln lassen werde.
Von einem Gehörverschaffen war keine Rede mehr und v. Berlepsch büßte einen großen Theil seiner Glorie ein, weil er nicht Apostel des neuen Heils sein wollte. Ergreift einmal eine, wenn auch noch so falsche und absurde Idee die Geister in Massen, so ist jedes besonnene Remonstrieren vergeblich, der Menschenkundige schweigt und läßt die Geister sich austoben.“