Mellifera mellifera mellifera




Hier wird das "Projekt Landbiene" ausführlich vorgestellt. Verbesserungsvorschläge bitte im Unterforum "Diskussion des Projektes" veröffentlichen..

Mellifera mellifera mellifera

Beitragvon hanjoheyer » So 24. Okt 2010, 15:31

Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e.V. (GEH) :

Wir unterscheiden, für in Deutschland als ausgerottet geltend und zur Wiederbesiedlung noch vorhandenen, drei Ökotypen (nach heutigem Erkenntnisstand) von Nord nach Süd :
Apis mellifera mellifera lehzeni = Heidebiene
Apis mellifera mellifera mellifera = Deutsche Braune Biene
Apis mellifera mellifera nigra = Die Schwarze (Alpenländische) Biene

Kennzeichen:
Die Dunklen Bienen sind groß, breit mit auffällig rundem Hinterleib, schmalen Filzbinden und langen Überhaaren, von anderen Bienen der Apis mellifera (Westlichen Honigbienen) leicht zu unterscheidende Bienen. Ihr Kubitalindex liegt deutlich unter 2,0 (Rassengrenze 2,2), der Hantelindex unter 9,32, die Diskoidalverschiebung im negativen Bereich und die Rüssellänge unter 6,4 mm. Durch ihre dunkle braune Brustbehaarung und schmalen Filzbinden erscheint sie auf der Wabe recht dunkel, dieser Effekt wird bei der Nigra durch die schwarze Haarfarbe und die pigmentierten Flügel noch verstärkt und verleiht ihr ein samtschwarzes Aussehen.

Verbreitung:
Vom Atlantik bis zum Ural (und weiter?), von den Pyrenäen bis Finnland hat sich diese vitale, anspruchslose und robuste Honigbiene alle ökologischen Nischen erschlossen und sich in die Klimaveränderungen der Großen Eiszeit hinein entwickelt. Die Gruppe der Mellifera-Ökotypen sind die einzigen Vertreter der Westlichen Honigbienen die diese Leistung vollbrachten.

Herkunft und Verwandtschaft:
Die Westliche Honigbiene Apis mellifera ist ein Kind der Großen Eiszeit, die vor ca. 1 Mill. Jahren als Ausnahmesituation in der Klimageschichte der Erde mit der Polvereisung begann. Vor der Vereisung gab es eine große Zahl Honigbienen ähnlich unserer heutigen Apis Mellifera. In Europa sind mit dem Klimawandel alle Honigbienenarten ausgestorben und von der einstigen Vielzahl sind nur vier weltweit übrig geblieben (mellifera, indica, drosata u. florea). Im Vorderen Orient überlebte der Vorfahre der Apis mellifera. Von dort breitete sie sich zunächst in 4 Rassengruppen aufteilend aus.

1. nach Westen über Nordafrika nach Europa (Iberische Halbinsel) Intermissa, Iberica, mellifera.
2. nach Süden in zwei Gruppen – nördliches und Südliches Afrika.
3. nach Norden in den Balkan die Macedonica und in die Apenninenhalbinsel die Lingustica.

Neuere DNA-Analysen ergaben gegenüber bisherigen Annahmen, dass die Unterschiede zwischen den Apis mellifera mellifera Ökotypen wesentlich größer sind als zwischen lingustica und carnica. Daraus kann man ablesen, dass die mellifera und die lingustica „alte“ Bienen sind und die carnica als jüngster Abkömmling der lingustica zugeordnet werden kann.
Vor ca. 150 Jahren begann für die Dunkle Biene die Bedrohung ihrer Existenz durch den Menschen, auf der Suche nach der „Besten Honigbiene“.

Heutiges Vorkommen:
In keinem anderen Land wurde ein Nutztier als Bestandteil des europäischen Natur- und Kulturerbes so aggressiv und nachhaltig bekämpft wie die einheimische Honigbiene in Deutschland. Das angestrebte Ziel „melliferafreie Zone“ wurde nach heutigem Wissensstand erreicht. In konzentrischen Kreisen um das „Herzland“ der einstigen Zeidlerbiene nimmt die Bienendichte der Dunklen mit wachsender Entfernung zu, ist jedoch im gesamten Verbreitungsgebiet mehr oder weniger gefährdet.

Eigenschaften:

* große Winterhärte
* erhöhte Verteidigungsbereitschaft gegenüber Eindringlingen (starkes Vorlagern)
* Winterbrutpause und Brutpausen bei Trachtmangel (varroaschädlich)
* starker und artenreichster Pollensammeltrieb (einheimisch, angepasst)
* hohe Langlebigkeit (hoher Anteil an „Winterbienen“ im Sommer)
* ausgeprägte Flugkraft (5 km und mehr mit Eintrag)
* haushälterischer Umgang mit Futtervorräten (Hüngler)
* schnelles Anpassen der Volksstärke an das Trachtangebot (schwarmträge)
* kein „Überschießen“ bei Stoßtrachten (Eintrag auch bei nachlassender Tracht)

Besonderheiten:
Bienen aus „tausendjähriger“ Korbimkerei-Tradition neigen bei „Störung“ ihren Vorrat und Brut zu verlassen, in dem sie an den Wabenrändern zusammenlaufen und sich mit samt der Königin fallen lassen (mehr oder weniger ausgeprägt). Beim Abtrommeln in der Heideimkerei ein ideales Verhalten, in der Magazinimkerei weniger. Aus der Zeidler- und Klotzbeuten-Tradition zeigen die Bienen ein ruhiges und wabenstetes Verhalten (in der Alpenregion wird sie meist in Hinterbehandlung gehalten). Die reinrassigen Bienen können ohne Schleier und ohne Probleme auch im Magazin geführt werden.

Bestände der für Deutschland relevanten Ökotypen:
(Lt. Veröffentlichung der 1. Konferenz von Flekkefjord/Norwegen)

Heidebiene (A. m. m. lehzeni)
Norwegen ca. 2.000 Völker
Dänemark ca. 300 Völker

Pommernbiene (A. m. m. mellifera)
Polen ca. 1.500 Völker

Deutsche Braune (A. m. m. mellifera)
Belgien Züchtergruppe k. a.
Schweiz SLB k. a.

Braunelle (A. m. m. mellifera)
Tirol ca. 1.000 Völker

Schwarze Alpenländische (A. m. m. nigra)
Österreich/Schweiz k. a.

Bei „schärferem Ausmessen“ müssen die Zahlen wahrscheinlich eher nach unten angepasst werden.
Gefährdungsgrad:

Kategorie I (extrem gefährdet) in der Roten Liste der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen.
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Re: Mellifera mellifera mellifera

Beitragvon hanjoheyer » Sa 30. Okt 2010, 09:50

Ich habe die Cubitalindices einiger toter Bienen unter meinen Bienenbeuten, die ich unter ein einfaches Schülermikroskop legte, geschätzt: Sie liegen allesamt über 3. Mit anderen Worten: Ich habe Carnica-Bienen. Jetzt bin ich mal gespannt, ob Golz recht hat und das Genom der Dunklen Biene bei Einhaltung der Prinzipien der Landbienenzucht langsam wieder dominant wird: dass die Biene wieder dunkel wird - und der Cubitalindex auf unter 2 sinkt.
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Re: Mellifera mellifera mellifera

Beitragvon Mannfred » Sa 30. Okt 2010, 11:14

Grüß Dich, Joachim

"Einige" ist ein bißchen wenig. Deren 100 und die Ergebnisse nach Klassen aufgeteilt auf einem kariertem Blatt Papier dargestellt, sind schon etwas aussagekräftiger.
Ich mach' das schon lange nicht mehr, kann mich allerdings noch erinnern, daß der Mittelwert meiner Messungen damals (etwa 1980) bei 2.70 - 2.80 lag. Oft gab es auch deutliche Nebengipfel in den Klassen darunter.

http://www.pexa.de/MessenD.htm

Herzliche Grüße Mannfred
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Re: Mellifera mellifera mellifera

Beitragvon hanjoheyer » Sa 30. Okt 2010, 12:07

Hallo Mannfred,

vielen Dank für den Link!
Ich möchte die Sache mit dem Cubitalindex zumindest vorerst nicht übertreiben. Es soll bei Stichproben und Schätzungen bleiben. Sollte ich jedoch eines Tages ein Volk entdecken, dass einen C-I von unter 2,2 hat, werde ich wohl genauer hinschauen und dieses Volk genauer beobachten und zur Vermehrung bringen. Ich bräuchte dann die Möglichkeit, die Flügel zu fotografieren und die Bilder zu vergrößern, damit ich die Teilstrecken ausmessen kann. Mit einem normalen Fotoapparat ist das wohl sehr schwierig hinzubekommen.

Derzeit beobachte ich meine Gartenvölker, um herauszufinden, welches Volk bei niederen Temperaturen ausfliegt als die anderen. Leider wird der Vergleich meiner Völker erschwert, weil einige Ableger in gut isolierten (und auf 12 Waben ertweiterten) Styropor-Ablegerkästen mit fast geschlossenem Böden sitzen und einige in luftigen Holzbeuten mit offenen Böden.
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Re: Mellifera mellifera mellifera

Beitragvon Mannfred » Sa 30. Okt 2010, 12:36

Hallo Joachim,

So ein einfaches Messplättchen ins entsprechende Okular eingelegt, genügt vollkommen.

http://www.bienenzucht.de/merkmale/merkmale8_durchfuehrung_messung_w-Dateien/image003.jpg

Die Flügel zupfst, schneidest erst einmal in ein Schälchen mit Honigwasser. Da kannst sie dann schön auf einen Objektträger applizieren, ohne daß sie Dir durcheinandergeraten.

Herzliche Grüße Mannfred
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Re: Mellifera mellifera mellifera

Beitragvon hanjoheyer » Mi 3. Nov 2010, 11:19

Zumindest vorläufig reicht mir das Schätzen unter dem Mikroskop. Schließlich will ich kein Reinzüchter werden, sondern bloß aus Interesse erfahren, ob meine Bienen sich langsam wieder zu Dunklen "zurück"-entwickeln, wie Wolfgang Golz voraussagte für den Fall, dass flächendeckend wieder zur Landbienenhaltung zurückgekehrt wird.
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Re: Mellifera mellifera mellifera

Beitragvon hanjoheyer » Do 4. Nov 2010, 09:08

Immer mehr Imker organisieren sich, um die Nordbiene gegen die Interessen der Ausrotter zu verteidigen.

http://buckfast.freeweb.hu/rassen/dunkle.htm

http://www.bienen-korb.de/DunkleBiene.htm

http://www.bienen-korb.de/BieneNordost.htm
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Erste Dunkle entdeckt!

Beitragvon hanjoheyer » Sa 13. Nov 2010, 17:53

Seit einigen Wochen betrachte ich immer wieder einmal Flügel toter Bienen unter dem Mikroskop - bisher etwa 15 Flügel. Heute fand ich 2 tote Bienen am Flugloch von Volk 9. Die eine hatte - wie alle anderen Bienen bisher auch - einen Flügelindex von über 3. Die andere hatte jedoch einen Index von 2! Hiermit ist bewiesen, dass meine Bienen noch etwas Melliferablut aufweisen.
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Imkerei mit Dunklen Bienen

Beitragvon hanjoheyer » Fr 18. Mär 2011, 17:24

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Re: Mellifera mellifera mellifera

Beitragvon irbis » Fr 18. Mär 2011, 19:32

Hallo Joachim,

ein interessanter Artikel! Die erwähnte unglaubliche Langlebigkeit der Dunklen bestätigt wiederum indirekt die tieferen Bruttemperaturen, die damit verbundene erhöhte Pollenaufnahme hohe Reservenspeicherung, was die Bienen von der Aussenwelt recht unabhängig macht. Solche Bienen verhungern nicht, sofern sie sich nicht unnötig verausgaben müssen.
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