John Kefuss hat meiner Meinung nach den Bienennobelpreis verdient, da er den großen Durchbruch in Sachen Varroa-Toleranzzucht geschafft hat. Zwar gibt es auch einen deutschen Imker - Hartmut Schneider - , der seit 1993 keine Varroabehandlung gemacht hat, aber Schneider hat seine "Methode" m.E. nicht aktiv genug an die Öffentlichkeit gebracht - oder soll ich sagen: die Öffentlichkeit hat aus welchem Grund auch immer Schneiders Erfolge nie richtig zur Kenntnis genommen.
Im Deutschen Bienenjournal 1/2011 finden wir einen langen Bericht über den in Südfrankreich lebenden Amerikaner John Kefuss und dessen Berufsimkerei mit über 600 Völkern, die inzwischen varroatolerant sind. Kefuss ist sogar auf künstliche Milbeninfektionen angewiesen, - er kauft sich Milben von konventionellen Imkern oder stellt seine eigenen Völker neben milbenverseuchte Völker anderer Imker auf - um den Selektionsdruck aufrechtzuerhalten; seine Völker könnten womöglich ihre Varroatoleranz, die noch nicht fest genetisch verankert ist, wieder einbüßen.
Kefuss nennt seine Methode "Bond"-Methode nach dem James Bond-Film "Leben und sterben lassen". Seit 1999, also 6 Jahre nach Schneider, behandelt er seine Völker nicht mehr gegen die Varroamilben. Entgegen schlimmerer Erwartungen verlor er nur 2/3 aller Völker, statt der erwarteten 9/10. Um die Verluste auszugleichen, schröpft er die überlebenden Völker, d.h. er entnimmt Brutwaben und macht Brutableger. Die Jungköniginnen werden auf natürliche Weise verpaart, ich nehme mal an, er meint Standbegattung. Inzwischen belaufen sich Kefuss' Winterverluste auf durchschnittliche 15 % (Schneider: 14 %).
Kefuss nennt als wichtigste Erfolgsbedingung die Verwendung heimischer Populationen (Landbienen!) mit hoher genetischer Vielfalt über Rassegrenzen hinweg, d.h., es sind uneinheitliche Bestände - sog. bunte Promenadenmischungen - erwünscht. Starke Völker stehen neben schwachen. Die sog. "Schwachen" werden nicht aufgelöst wie es heute noch in allen Imkerlehrbüchern empfohlen wird. Wer überlebt, hat auch ein Lebensrecht! Bond-Methode eben!
Kefuss schreibt: "Wir glauben, dass es die moralische Verantwortung jedes Imkers ist, solche Bienen zu züchten und den Einsatz von Medikamenten zu verringern."
Kefuss' sensationelle Bond-Methode lässt sich mit einem Wort zusammenfassen: Nichtstun! Einfacher gehts nimmer!
Auf mich wirkte die Lektüre des Artikels als nobelpreisverdächtige Erfolgsstory. Doch dann kam die deutsche Bienenwissenschaft in Gestalt Dr. Ralf Büchlers ins Spiel - und erwartungsgemäß wird es jetzt kompliziert. Der Artikel beginnt auf Seite 14 des Bienenjournals. Vorher (S. 7) hatten wir schon den Monatshinweis von Dr. Werner von der Ohe vom LAVES-Institut für Bienenkunde Celle zur Kenntnis genommen. Er schreibt: "Bleibt zu hoffen, dass trotzdem alle Imker ihre Bienenvölker ordnungsgemäß nach der Honigernte behandelt haben..." Dem darf Büchler natürlich nicht allzusehr widersprechen, um den Burgfrieden innerhalb der Wissenschaftlerzunft nicht zu stören.
Zwar schreibt Büchler, dass nach Kefuss' Methode die natürliche Selektion voll greife und sich deshalb auch die züchterischen Erfolge einstellten, und dass wir (die deutschen Imker) durch den Einsatz der Varroazide diese natürliche Selektion weitgehend aushebeln. Trotzdem will er Kefuss' Methode nicht auf Deutschland übertragen wissen.
Büchler schreibt über Kefuss Bond-Methode, dass sie in Deutschland leider nicht praktizierbar sei, da die Honigerträge zu wünschen übrig ließen und Kefuss' Bienen nur mit Schleier zu bearbeiten seien. Die Sanftmut deutscher Bienen müsse unbedingt erhalten bleiben. (In Ohes besagtem Monatshinweis lesen wir von fünfstöckigen Bienenbeuten "Deutsch Normal" Ende Mai und Ernten von 70 kg Honig. Das lässt sich mit Kefuss Methode wohl nicht erreichen). Stattdessen schlägt er eine kaum funktionierende Methode der Varroatoleranzzucht vor, die Methode der AGT, die voraussichtlich frühestens in 30-50 Jahren erste Erfolge verbuchen wird, da nach dieser Methode auch möglichst viele nichtresistente Völker am Leben gehalten werden und auch die Reinzuchtbetriebe erhalten werden sollen, was jegliche Fortschritte früher oder später wieder zunichte machen wird.
Auch die Tatsache, dass die deutsche Imkerschaft gegenwärtig um die Zulassung der 80 % igen Ameisensäure neben der bereits zugelassenen 60 % igen Säure kämpft und nichts gegen das immer noch bestehende generelle Behandlungsgebot unternimmt (Varroabehandlung ist in D gesetzlich vorgeschrieben!), spricht für meinen Verdacht, dass Kefuss' Erfolge bei der deutschen Bienenwissenschaft unerwünscht sind. Zudem erinnere ich mich noch deutlich an die Worte zweier Bienenwissenschaftler, die mir auf meine Nachfragen hin persönlich sagten, dass lügt, wer behauptet, varroatolerante Bienen zu haben.
Kefuss brauchte drei Jahre vom Entschluss, keine Behandlungen mehr durchzuführen bis zum tatsächlichen Wagnis. Immerhin stand seine berufliche Existenz auf dem Spiel. Nachdem er nun bewiesen hat, dass seine Methode funktioniert, empfiehlt er die Nachahmung und ergänzt, dass Imker, die über nur wenige Völker verfügen, sich zu Gemeinschaften zusammenschließen könnten, um das Wagnis gemeinsam eingehen zu können. Ich habe meine Hoffnung, es mögen sich Imker aus dem Birkenfelder Raum bei mir melden, immer noch nicht aufgegeben.
Bei mir sind nun ebenfalls drei Jahre des Zögerns vergangen. Ich denke, nach dieser neuesten Bestätigung und Ermutigung seitens John Kefuss durch o.g. Zeitschriftenartikel sollte ich im kommenden Jahr endgültig auf jegliche Varroabehandlung verzichten und mir zudem einige Mellifera-Königinnen kaufen, um die genetische Vielfalt meiner Völker - Kefuss' Hauptbedingung für das Gelingen - zu erhöhen.
Ich hatte mich dieses Jahr entschlossen, nicht mehr über Brutableger zu vermehren, sondern nur noch über Schwarmvorwegnahme. Bei diesem Entschluss soll es vorerst bleiben, aber ich möchte dennoch herausfinden, ob Kefuss mit dem von ihm praktizierten Schröpfen wirklich Brutableger (Entnahme von Brutwaben) meint oder ob auch die Entnahme von Bienen ohne Brutwaben (von ihm) als Schröpfen bezeichnet wird.
Nachtrag 16.4.11: http://imker-kiel.de/news/infodienste/68-die-varroaswm
Nachtrag 26.6.2011: Ich hatte Gelegenheit, einen Vortrag von Dr. Büchler zu hören und mit ihm zu sprechen. Bericht: 94856264nx35755/diskussion-des-projektes-f5/briefwechsel-mit-nordbienenzuechter-t74-s10.html .
Aus dem Vortrag ging - für mich - hervor, dass die Nadeltestmethode, mit der die Ausräumrate (toter Brut) züchterisch verbessert werden soll, keine große Rolle (mehr?) spielt. Wesentliche Grundlage für Büchler und für die AGT ist durchaus Kefuss BOND-Methode, die zu einer "Soft-Bond-Methode" geändert wurde. Man lässt die Völker, die den Milben nicht mehr standhalten, nicht zugrundegehen, sondern rettet sie mittels Ameisensäure, aber man schließt sie (eine Zeit lang) aus dem Zuchtprogramm aus und weiselt diese Völker um. Es gibt noch kein Volk im AGT-Zuchtprogramm, das dauerhaft im Programm bleiben kann. Es benötigt ab und zu eine Säurebehandlung oder die einmalige Entnahme aller Brutwaben. An den AGT-Belegstellen stehen wesentlich mehr unbehandelte Vatervölker als früher. Die riesige Drohnenzahl bewirkt einen Konkurrenz-"Druck" Richtung Varroatoleranz/-resistenz. Da Drohnen monoploid sind, schlagen Genschäden stets voll durch, sodass nur die Resistentesten zum Zuge kommen. Ich denke, diese Methode funktioniert. Meine Kritik, dass in der AGT Völker aus allen Gegenden Deutschlands herumkutschiert werden, sodass keine Ökotypen entstehen könnten, erkannte Büchler an, aber man verzichte auf dieses Transportverbot, da ansonsten dieses deutschlandweite Projekt nicht durchführbar sei. Nur wenige Imker, die zudem in ganz Deutschland verteilt leben, beteiligen sich am Projekt.