http://www.spiegel.de/wissenschaft/natu ... 89,00.html
... Überall auf der Welt schwindet die Vielfalt der Nutzpflanzensorten in hohem Tempo. Weltweit, sagen Experten, haben wir im Laufe der vergangenen hundert Jahre mehr als die Hälfte aller Nutzpflanzensorten verloren. Auch von den 8000 bekannten Nutztierrassen - ob Rinder, Schweine oder Hühner - seien 1600 bedroht oder bereits ausgestorben.
Das könnte rascher zu einem Problem werden, als viele denken: Wenn Krankheiten oder der Klimawandel die wenigen Pflanzensorten und Tierrassen treffen, von denen sich heute der größte Teil der Menschheit ernährt, brauchen wir vielleicht eine dieser Formen, die wir jetzt aussterben lassen. Zum Beispiel des Weizens.
Die Bio-Diversizität IST Bestandteil des Immunsystems. Man hat das bei Fischen einer bestimmten Art in Teichen erforscht. In einem Teich lebten normale Fische einundderselben Art. In einem anderen Teich leben von derselben Fischart genetisch identische Klone. Dann kam eine Krankheit. Alle Klone starben, aber von den Fischen mit leicht unterschiedlicher DNS überlebten einige, die sich dann wieder vermehrten. Die Überlebenden brachten es zudem fertig, per Mutation wieder leicht unterschiedliche Genome zu entwickeln, um bei der nächsten Krankheit wieder gewappnet zu sein.
Unsere Bienenreinzüchter wollen von all dem nichts wissen. Sie schwadronieren zwar davon, wie geschickt sie Inzuchtschäden vermeiden, zB in dem sie verschiedene Linien kreuzen, aber es führt kein Weg an der Tatsache vorbei, dass Reinzucht immer Inzucht ist, die das Immunsystem schädigt.
Selbst Wolfgang Golz, mein Vorbild in Sachen Landbiene, hatte die Sache nicht ganz durchschaut. Auch er betrieb eine seltsame Methode der Selektion. Ich habe in meinen wenigen Jahren als Imker bereits herausgefunden, dass ein Volk in einem Jahr schwach (= minderwertig!?) und im nächsten das Beste der Besten sein kann. Grund ist die große genetische Diversizität. Es kommt ganz aufs Wetter, Klima und viele, viele andere äußere und innere Bedingungen an, unter denen ein Volk mal schwächelt oder im Gegenteil, Stärke beweist. Da sich die Bedingungen von Jahr zu Jahr, ja von von Monat zu Monat ändern, haben immer wieder wechselnde Völker Vorteile oder Nachteile. Ich halte von diesem kompletten Selektionszeugs gar nichts mehr.
Ich las vor einiger Zeit, die Biene sei in den letzten 50 Jahren durch Zuchtarbeit fleißiger geworden!!! Sie trage im Durchschnitt ein Glas Honig im Jahr mehr ein. Phantastisch! Mit anderen Worten: Diese Selektion nach Honigleistung war so gut wir reine sinnlose Beschäftigungstherapie. Die höheren Erntemengen haben wir allein verbesserten Betriebsweisen (zB größere Beuten), anderen Trachtbedingungen (Ausbreitung der Monokulturen) und Ähnlichem zu verdanken, nicht der Selektion nach Bienenfleiß. Denn: Wie will ein Imker ermitteln, ob ein Volk 1 Gramm mehr (oder weniger) Honig als ein anderes Volk zu sammeln imstande ist? Da gibt es zu viele andere Bedingungen, die ein genaues Ergebnis nicht zulassen. Es reicht, dass ein Volk am Rand steht und ein anderes in der Mitte der Reihe. Die Randvölker sind immer etws stärker. Oder bei einem Volk lässt ein Ritz im Beutendeckel Regen oder Zugluft rein. Schon muss mehr geheizt werden. Man kann im freien Feld keine identischen Bedingungen schaffen, um züchterisch effizient arbeiten zu können. Und wenn man es könnte, wäre es sogar kontraproduktiv!