Ich finde es schon einigermaßen befremdlich, dass nach fast zwei Jahren "Projekt Landbiene" immer noch kein einziger Imker dieser Region Interesse am Gelingen dieses Projektes gezeigt hat. Besteht im Hunsrück wirklich kein Interesse an einer "Hunsrücker Landbiene"?
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal - kurz - darstellen, was genau eine Hunsrücker Landbiene ist, bzw. werden könnte:
1. Es gab einmal diese Hunsrücker Landbiene, auch Hochwaldbiene genannt. Sie war eine Unterrasse (genauer: ein regionaler Ökotyp) der einst hier heimischen Dunkle Biene "Apis mellifera mellifera". Sie war (im Unterschied zur ebenfalls dunklen Heidebiene) braun, friedlich, relativ schwarmträge und vor allem war sie an unsere Landschaft, Klima und Trachtverhältnisse optimal angepasst, d.h. gesund. Exakt diese Biene werden wir kaum wieder zurückbekommen, aber was wir tun können, ist, unsere real vorhandene Biene - unseren Carnica-Mischling - sich so entwickeln zu lassen, dass sie dieser Biene wieder ähnlich wird.
2. Wie kann ein Hunsrücker Imker Halter der Hunsrücker Landbiene sein, wenn es diese Biene gar nicht gibt?
Ganz einfach: Die Hunsrücker Landbiene ist keine bereits existierende, fertig angepasste Regionalbiene, sondern eine Betriebsweise, die, konsequent angewandt, aus JEDER Honigbiene, die heute im Hunsrück lebt, im Verlaufe weniger Jahrzehnte eine Hunsrücker Landbiene macht.
3. Die Wissenschaft hat - obwohl die Dunkle fast ausgerottet ist - aus alten Unterlagen und unter Verwendung von Insektensammlungen, aus deren Bienenbestand das Genom von Honigbienen vergangener Jahrhunderte isoliert und untersucht werden konnte, bisher über 120 diverse Ökotypen der Dunklen Biene ermitteln können. Es wird jedoch vermutet, dass es früher sehr viel mehr Ökotypen der Dunklen von Portugal bis zur Ukraine, von Österreich/Schweiz bis zur Haselnussgrenze in Schweden/Norwegen, gegeben hat. Da stellt sich die Frage, wozu die Natur so viele Ökotypen geschaffen hat. Die einfache Antwort lautet: Weil es gut, weil es sinnvoll war! Die Ökotypen waren in ihrer jeweiligen Heimat die am besten Angepasstesten, die Gesündesten, Robustesten! Das bedeutet: Es ist keineswegs egal, ob wir mit heimischen oder heimisch gewordenen Bienen imkern oder mit Importen. Mit Importbienen wird man viel häufiger und viel dramatischer Verluste erleiden, als mit einer heimischen Biene.
4. Es ist ein schier unausrottbares Vorurteil, dass die ehemals hier heimische Dunkle Biene ein wüster Stecher gewesen sein soll, der es nicht wert war, erhalten zu bleiben, zudem er kaum Honig einbrachte. Stecher waren die Mischlinge, nachdem die Imker Bienen aus Italien und Kärnten hier einführten und mit den heimischen verkreuzten. Das Genom der Mischlinge ist disharmonisch, was zu gesteigerter Aggressivität führt. Lässt man die Bienen "machen" - also betreibt man das Projekt Landbiene - harmonisiert sich das Genom nach einigen Jahren wieder und die Bienen werden wieder friedlich. Alles, was hier nach 1900 lebte, waren meines Wissens bereits Mischlinge.
5. Wenn wir eine Betriebsweise wählen, die es zulässt, dass sich quasi von allein wieder eine optimal angepasster Ökotyp entwickelt, wenn wir also der Natur nicht mehr ins Handwerk pfuschen, werden wir wieder die beste aller Bienen bekommen, und das kann im Hunsrück nur die Hunsrücker Landbiene sein!
Die neue Hunsrücker Landbiene wird an den Boden, die Flora und Fauna, das Klima, die Menschen und die landwirtschaftlichen Methoden des heutigen Hunsrückes angepasst sein.
Wenn wir uns weiterhin die Amerikaner mit ihren ach so tollen Methoden (Reinzucht, Importe, medikamentöse Behandlung ohne Ende, weite Wanderungen in Riesentrucks, endlose Monokulturen genmanipulieter Pflanzen) zum Vorbild nehmen, werden wir dasselbe Desaster erleben, wie sie. Das ist keine reine Prognose. Wir sind ja bereits mitten drin im Desaster; wir haben das nur noch nicht richtig realisiert. Noch gilt das Motto: Augen zu und durch! Einer der vertrauenswürdigeren deutschen Bienenwissenschaftler sagte mir vor ein paar Monaten, dass er für die deutsche Imkerei keine Zukunft sähe, wenn sie so weitermache wie bisher. Die Bienen werden Jahr um Jahr schwächer. Er meinte (sinngemäß): Es wird nicht mehr viel brauchen, bis das Immunsystem des Biens die Vergewaltigung durch die Imker nicht mehr kompensieren kann. Die offizielle Entwicklung der deutschen Imkerei geht nicht Richtung Varroatoleranzzucht, sondern Richtung: 80 % iger (statt bisher 60 % iger) Ameisensäure. Auch Bayer will sein neu entwickeltes Medikament loswerden. Der offiziellen Varroatoleranzzucht - siehe AGT - prognostozierte er Erfolge in frühestens 50 Jahren. Dabei brauche man nur nach Südfrankreich zu schauen, wo ein Berufsimker mit seiner Bond-Methode längst varroatolerante Bienen "gezüchtet" (genau genommen: "nichtgezüchtet") habe. (Auch meine Landbienenzucht ist übrigens eher eine Landbienennichtzucht. Sie entstehen, wenn man züchterisch nicht eingreift. Mehr über die falsche Methode der AGT in einem gesonderten Beitrag.
In 94856264nx35755/vorstellung--und-quotprojekt-landbiene-und-quot-f2/varroatoleranz-t38.html schreibe ich über das Ablenkungsmanöver der AGT-Züchter. Es gibt dort auch eine wissenschaftliche Aussage über die "Erfolgsaussichten" der AGT.
Die Betriebsweise zur Erlangung und Erhaltung der Hunsrücker Landbiene funktioniert wie folgt:
a) Akzeptanz der Biene, die jetzt in diesem Augenblick da ist.
b) Keine Biene von außerhalb des Hunsrückes mehr einführen. Gern sähe ich die weitere Einschränkung, dass man Bienen nur noch innerhalb eines 25-km-Radius verstellt oder kauft/verkauft, nicht zuletzt, um die Ausbreitungsgefahr ansteckender Krankheiten zu verringern. Wäre ein größerer Radius sinnvoll, nun, dann würden unsere Drohnen und Schwärme auch weiter fliegen. Ich gehe davon aus, dass es die Natur weise so eingerichtet hat, die Flugdistanz von Schwarm und Drohne auf 25 km zu beschränken. Die Natur hätte es auch anders machen können, wenn es denn sinnvoll gewesen wäre. Es gibt zB Schmetterlinge, die jährlich tausende von Kilometern wandern. Die Biene aber wandert jährlich nur bis zu 25 km. Daran sollten auch wir Imker uns halten.
c) Negativauslese statt Positivauslese: Positivauslese bedeutet, dass der Imker vom besten Volk Dutzende Weiseln nachzieht und alle anderen Völker seines Standes umweiselt. Diese Praxis erzeugt Inzucht und provoziert hohe Winter- und Krankheitsverluste, sowie schlechte Anpassung an lokale Umweltbedingngen. Negativauslese bedeutet, dass nur die schlechtesten paar Prozent der Völker umgeweiselt werden: die unzumutbaren Stecher. Alles weitere besorgt der Winter! Zu kleine Völker werden nicht umgeweiselt. Sehr oft habe ich erlebt, dass ein Volk in einem Jahr schwach, im nächsten Jahr stark war, und umgekehrt. Ein Volk, das den Winter überlebt hat und zudem kein wüster Stecher ist, hat ein Überlebensrecht. Auf Leistung können wir wieder züchten, wenn wir wieder eine echte varroatolerante Landbiene haben.
d) Keine Künstliche Befruchtung, kein Umlarven mehr. Am besten sind Naturschwärme. Aber es gibt auch praktikablere Methoden, die dem Naturschwarm sehr ähnlich sind, zB die Schwarmvorwegnahme, der Königinnenableger, der Fegling oder der Kunstschwarm. Diese Ableger sind besser, als zB Brutableger, da sie dem Naturschwarm nahekommen. Beim KS werden ein paar Tausend Bienen und Kö von einigen Waben abgefegt in eine neue Beute, die ein bis 2 km vom Muttervolk weg aufgestellt wird, damit die Bienen nicht zum alten Standort zurückfliegen. So werde ich es jedenfalls machen. Die Ableger können dann ohne große Milbenlast loslegen, denn sie haben ja die Königin, die sofort zu stiften beginnt. Auch Brutwabenableger mit Königin (Königinnenableger) sind besser, als BW-Ableger (ohne Kö), da Erstere einen großen Entwicklungsvorsprung bekommen und stärker werden, als BW-Ableger, die sich erst vier Wochen lang eine neue Kö machen müssen.
Wichtig ist zudem, dass die Muttervölker aufgrund der Kö-Entnahme eine Brutpause bekommen, die die Milbenlast erleichtert. Auch Naturvölker legen meist bei Krankheiten derartige Brutpausen ein oder verlassen die Baumhöhle. Be hohem Milbebefall kann man es machen, wie die Natur: Man macht einen KS mit allen Bienen und gibt die Brut auf.
Brutwabenableger mache ich nur, wenn ich aufgrund hoher Winterverluste gezwungen bin, von einem Volk möglichst viele Ableger zu machen.
e) Standbegattung ist obligatorisch. Keine Belegstellennutzung!
f) Stilles Umweiseln. Für mich obligatorisch. Aus stiller Umweiselung hervorgegangene Königinnen sind mir die allerliebsten. Dafür nehme ich auch in Kauf, dass eine in die Jahre gekommene Altkönigin in ihrem letzten Lebensjahr ein paar Zellen weniger bestiftet hat. Die unbestreitbaren Vorteile einer durch stilles Umweiseln hervorgegangenen Königin ist, dass sie
1. eine von ihrem Volk "gewollte" Königin ist, was sehr wichtig für die Volksharmonie ist, und
2. ihre Mutter mehrfach bewiesen hat, dass sie gut akklimatisiert ist und ihr Volk sicher durch mehrere Winter gebracht hat.
g) Belegstellen sind nur dann erhaltenswürdig, wenn es als sinnvoll erachtet wird (ich bin hier noch unschlüssig), die Dunkle Biene, die es noch bei einigen auswärtigen Züchtern zu kaufen gibt, systematisch und flächendeckend hier wieder einzuführen und die aktuell hier existierende Carnicabiene und Buckfastbiene vollständig zu verdrängen. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass ein solches Vorhaben allgemein Anklang finden könnte. Mir selbst wäre auch nicht ganz wohl bei dieser Sache.
h) Langfristig keine Varroabehandlung mehr! Als Übergangslösung sehe ich die Aufteilung seiner Bienenvölker in zwei Teile. Ein Teil wird nicht behandelt; beim anderen die sog. Schadschwellenmethode angewendet. Der natürliche Milbentotenfall auf der Bodeneinlage wird gezählt. Bei mehr als 10 toten Milben täglich wird mit AS auf Schwammtuch behandelt. Es gibt auch biotechnische Verfahren, die an anderer Stelle dieses Forums erklärt sind. Völkerverluste werden durch KS und Brutableger ausgeglichen. Von Jahr zu Jahr werden die Bedingungen, ab der eine Behandlung durchgeführt wird, verschärft, bis man ein Gefühl dafür bekommt, wie hoch die Verlustquoten sein werden. Völker, die sich als varroaanfällig erweisen, können umgeweiselt werden; Völker, die aus welchen Gründen auch immer mit den Milben besser zurechtkommen, werden bevorzugt vermehrt.
Bei Anwendung der Schadschwellenmethode ist es wichtig, dass anfangs ein gewisser Prozentsatz der Bienenvölker den Winter NICHT überlebt. Wer seine Bienen so behandelt, dass möglichst alle überleben, betreibt keine Auslese in Richtung Varroatoleranz. Man sollte bei nichtresistenten Völkern eine Verlustrate von etwa 30 - 40 % anstreben. Die Überlebenden der Nichtbehandelten genießen natürlich den Vorrang bei künftiger Völkervermehrung.
Als vorbildlich in jeder Hinsicht betrachte ich John Kefuss, dessen "Bond"-Methode in diesem Forum ausführlich geschildert ist. Allerdings halte ich es nicht für ratsam, sofort mit der Bond-Methode zu beginnen, um keine 100 % igen Verluste zu erleiden. Deshalb die parallel durchgeführte Schadschwellenmethode, die uns ermöglicht, uns innerhalb weniger Jahre an die Bondmethode heranzutasten.
21.7.2011: Obwohl die Schadschwellenmethode noch nicht vom Tisch ist, mache ich 2011 die Zwischenbodenablegermethode zur Varroaverminderung. 1. Zarge mit 6 HW, 2 Po-W, 3 Leerwaben + Kö + Bienen. Darüber Folie. Darauf das Restvolk + HZ (Die Zarge(n) über der Folie benötigen ein eigenes Flugloch. Es wird ein Brutstopp erreicht, der die Milbnzahlen in beiden Volksteilen reduziert. Da im Mai bereits Ableger über Feglinge gemacht werden, heißt diese Methode auch "Doppelter Brutstopp".
i) Ich verwende nur noch Rahmen mit Anfangsstreifen. Die für den HR vorgesehenen Rahmen werden gedrahtet. Keine ganzen Mittelwände mehr. Die Bienen sollen selbst bestimmen, welche Zellengröße sie bevorzugen!
j) Drohnen werden nur noch bei Völkern herausgeschnitten, die sich als nicht ausreichend varroaresistent erweisen, also bei Völkern, die sowieso umgeweiselt werden und an der Weitergabe ihrer Gene eingeschränkt werden sollen.
k) Zu meiner favorisierten Betriebsweise gehört noch einiges andere, aber das gehört nicht explizit zur Landbienenzucht. So verwende ich beispielsweise kein Absperrgitter. Stattdessen hänge ich gelegentlich die eine oder andere bestiftete HR-Wabe in den BR um, allerdings nur, wenn im BR genug Platz ist. Bestiftete Honigwaben lassen sich zwar nicht schleudern, aber es widerspricht nicht meiner Einstellung, den Bienen etwas mehr Honig als bisher zum Überwintern zu belassen. Möglicherweise kann ich einmal ganz auf Fütterung verzichten.
In die HR-Zarge kommt ein 2. Flugloch. Das dient der Honigtrocknung.
Schluss: Möglicherweise gibt es bereits Imker im Hunsrück, die bereits Landbienenzüchter sind. Ich bitte sie, sich bei mir zu melden, indem sie sich hier im Forum anmelden und schreiben. Wer hat sich schon länger keine auswärtige Weisel (von weiter als 25 km) mehr gekauft, wer setzt schon seit Jahren ganz auf Standbegattung seiner Weiseln? Wer macht nur noch Negativauslese und strebt varroatolerante Bienen an?
Wer ist entschlossen, die Dunkle zu halten? - Auch wer bereits die Dunkle hat, kann und sollte diese entsprechend der Landbienenmethode halten, damit sie sich akklimatisieren kann. Ich bin auch der Ansicht, dass die punktuelle Wiedereinkreuzung der Dunklen Biene in unsere Hunsrücker Bestände sinnvoll sein könnte, auch wenn damit gewisse Umstellungsprobleme verbunden sein könnten, zB das verstärkte Auftreten von Stechern.
Eine flächendeckende Wiedereinführung der Dunklen Biene und deren Haltung nach der Landbienenmethode wäre vielleicht wünschenswert. Das müsste jedoch eingehend diskutiert werden.