Toleranzzucht
von hanjoheyer » Sa 18. Sep 2010, 14:03
Es hat sich inzwischen einiges an meinen Plänen geändert.
1. Die Thymolprodukte haben sich entgegen früherer Meinung als nicht unbedenklich erwiesen, da die Wirkung des Mittels lange anhält und die Weisel so lange aus der Brut geht, dass die Völker nur schwach überwintern.
2. Die biotechnischen Verfahren ermöglichen zwar ein medikamentfreies bzw. -armes Imkern; sie verhindern jedoch eine systematische Varroaresistenzzucht.
3. Ich habe (für mich) entdeckt, dass man mit Ameisensäurebehandlung sehr gut herausfinden kann, welche Völker gute und welche weniger gute Voraussetzungen zur Resistenzbildung aufweisen.
Man kann mit Hilfe von AS Resistenzzucht betreiben. Wenn man gar nichts macht, sterben alle Völker; wenn man nach "öffentlichen Richtlinien", zB entsprechend der Broschüre "Varroa unter Kontrolle" behandelt, überleben zwar die meisten Völker und bringen zudem gute Honigerträge, aber es findet keine Resistenzbildung der Bienen statt.
Erfolgversprechend ist folgende Vorgehensweise:
1. Nach der letzten Schleuderung werden alle Völker einmal mit 60 %iger AS auf Schwammtuch bei Temperaturen zwischen 20 und 25 Grad behandelt.
2. Der Milbenfall wird nach Möglichkeit täglich ermittelt.
3. Überschreitet der Milbenfall 10 Milben täglich, wird bei den entsprechenden Völkern die Behandlung im Abstand zur 1. Behandlung von 7 Tagen wiederholt.
4. Fallen weniger Milben, wird nicht behandelt.
5. Sollten zu niedrige Temperaturen nötige Behandlungen unmöglich machen, behandele man einmalig mit Oxalsäure nach Erreichen der Brutlosigkeit Mitte Oktober. Völker, die dann schon brutfrei sind, werden durch höhere Wirksamkeit der Ox-Behandlung belohnt. Längere Brutpausen im Winter sind günstig für Varroaresistenz.
6. Im Mai des folgenden Jahres werden nur jene Völker vermehrt, die weniger AS brauchten, als die anderen. Völker, die viel AS zum Überleben benötigen, werden umgeweiselt.
7. Die Vermehrung geschieht über Schwarmvorwegnahme, bzw. Kunstschwärme: Dem Volk wird die Weisel und einige 1000 Bienen entnommen und in eine neue Beute mit Leerwaben, Futter und Rahmen mit Anfangsstreifen eingeschlagen. Das Muttervolk zieht sich eine neue Weisel. Wer nicht mit Nachschaffungsköniginnen imkern will, kann die vermehrungswürdigen Völker auch eng halten. Dann ziehen sie sich Schwarmzellen, die in die Kunstschwärme gesetzt werden können.
8. Die nicht nachzuchtwürdigen Völker, die zu viele Milben aufwiesen, werden im Folgejahr nicht vermehrt. Damit ihre Drohnen sich nicht mit den Völkern des Resistenzzuchtprogramms verpaaren, werden bei ihnen die Drohnenwaben herausgeschnitten. Eine Umweiselung lohnt erst, wenn man definitiv Weiseln hat, die bereits Zuchterfolge in Sachen Resistenz bewiesen haben.
9. Ab dem 2. Jahr der Resistenzzucht müssen die wenigbehandelten Völker besonders nach Milben kontrolliert werden, da die Gefahr eines Völkerzusammenbruchs zunimmt. Im Notfall entnimmt man ihnen die Honigzarge ohne Bienen und gibt diese anderen Völkern, damit man auch während der Saison mit AS behandeln kann. Weitere Honiernten von diesem Volk fallen dann aus.
Alternativ können dem Volk sämtliche verdeckelte Brutwaben entnommen werden.
10. Die Ableger überstehen ihr erstes Jahr meist noch ohne AS-Behandlung. Trotzdem sind sie schon mal vorzumerken für die Resistenzzucht.
11. Nichtresistente Völker, die im Vorjahr normal behandelt wurden, könnten sich im Folgejahr als positiv in Hinsicht ihres AS-Verbrauchs erweisen. Sie kommen ins Resistenzzuchtprogramm.
12. Die Schadschwelle von 10 Milben muss vllt noch ausbalanciert werden. Vllt ist 8 Milben besser. Der Termin "Mitte Oktober" für den winterlichen Brutstopp könnte zu früh gewählt sein.
13. Sollten die Winterverluste unter 20 % betragen, muss die AS-Behandlung insgesamt geringer ausfallen, als im Vorjahr. Sollten die Verluste über 70 % betragen, sollte man die etwas mehr mit AS behandeln. Wichtig ist, dass es eine nicht zu geringe Verlustrate gibt, denn ohne Verluste keine Zuchtwahl. Bei Winterverlusten zwischen 20 und 70 % wurde die AS-Behandlung ungefähr richtig dosiert. Statt an der STellschraube "AS-Behandlung" zu drehen, kann auch die Schadschwelle, ab der behandelt wird, erhöht oder gesenkt werden.
Da ich im Winter 2010-2011 nur 1 Volk von 21 verlor, das macht 5 % Winterverluste, muss ich dieses Jshr strenger verfahren: Weniger AS verwenden oder die Schadschwelle von 10 auf 15 (?) erhöhen.
Mögliches Antivarroaverhalten der Bienen, das sich im Rahmen einer Resistenzbildung herausbilden bzw. verstärken könnte:
1. Ausräumen varroabesetzter Brut
2. Abfliegen (und Nichtrückkehr) varroabesetzter (Sammel)-Bienen
3. Gegenseitiges Putzen
4. Beineabbeißen bei den Milben (s. Alois Wallner)
5. Selbst gewählte Brutpausen.
Außerdem sollten die Milben - nicht die Bienen - inzuchtgeschädigt werden, indem man auf Völkervereinigungen und -verstärkungen mit Brutwaben aus anderen Völkern und auf Sammelbrutableger verzichtet.
Als Maßstab für die Zuchtwertschätzung der Völker der Resistenzzuchtprogramme der Imker könnte die Zahl der nötigen AS-Behandlungen und/oder die Zahl der Mililiter AS pro Volk sein, die gebraucht wurden, um das Volk am Leben zu erhalten. Je weniger AS ein Volk zum Überkleben benötigt, desto resistenter gegen die Varroamilbe ist es.
Die generelle Erstverabreichung von AS, wie ich sie oben beschrieben habe, könnte unterlassen werden. Man beginnt sofort nach der letzten Schleuderung mit der Schadschwellenmethode. Auch wäre es sicher sinnvoll, statt einer generellen Erstbehandlung statt AS Puderzucker zu verwenden wie Mannfred in diesem Forum beschrieben hat.