Heute hielt Dr. Büchler an der hiesigen Toleranzbelegstelle "Hochwald" einen sehr interessanten Vortrag über das Projekt der AGT (Arbeitsgemeinschft Toleranzzucht). Er beschrieb das natürliche Verhalten des Biens, das ganz aufs Überleben abgestellt sei. Der natürlich lebende Bien selektiert scharf in Richtung Robustheit, sprich: Krankheitsabwehr. Dazu produziert ein Volk jährlich etwa 30.000 Drohnen und 20 Königinnen, von denen letztlich 2 dazu kommen, eigene Völker aufzubauen. Diese beiden Königinnnen wurden von etwa 40 Drohnen begattet.
Schwache Völker produzieren nur wenige Drohnen und können deshalb ihr Erbgut nur schlecht weitergeben.
Wozu diese riesige (tausendfache!) Überproduktion an Drohnen? Büchler erklärte, dass Drohnen monoploid sind. Sie Tragen nur einen Satz Erbgut in ihren Zellen und Samen. Im Gegensatz zu diploiden Spezies wie zB der Mensch, der ein doppeltes Erbgut in sich trägt, nämlich das von Mutter und Vater. Tritt bei einem Menschen ein Erbschaden auf, ist das nicht so schlimm, da er über einen zweiten Satz Erbmaterial verfügt, der diesen speziellen Schaden nicht aufweist. Der Mensch nutzt dann sozusagen diesen gesunden Erbsatz und bleibt körperlich gesund. Anders bei dem Drohn. Bei ihm schlägt ein Erbschaden sofort in voller Stärke durch. Aus diesen Grund gibt es viele flugunfähige oder zeugungsunfähige Drohnen. Bei der Varroose werden hauptsächlich die Drohnen geschädigt. Nur die Gesunden können kräftig genug fliegen, um am Drohnensammelplatz zum Zuge kommen zu können. Diese Drohnensammelplätze sind eine besonders wirksame Erfindung der Bienen. Zehntausende Drohnen aus hunderten von Bienenvölkern sammeln sich an an einem einzigen Sammelplatz. Der Konkurrenzdruck wird dramatisch erhöht - was sozusagen beabsichtigt ist. Nur die Allerstärksten kommen bei den vergleichsweise wenigen Königinnen zum Zuge.
Im Rahmen einer Varroatoleranzzucht im privaten Rahmen ist es deshalb sinnvoll, möglichst viele Drohnen seiner guten Völker leben zu lassen, um gute Erfolge bei der Standbegattng zu bekommen. Büchler schlägt dem Imker - parallel zur Arbeit der Belegstellen - folgende Vorgehensweise vor:
Regelmäßig den Milbentotenfall auf der Bodeneinlage zählen. So verschafft man sich einen Überblick. Es wird sich früher oder später zeigen, welche Völker eine gute Entwicklung nehmen und welche nicht. Ich kann das an meinen eigenen Völkern beobachten: Bei zwei Völkern zeichnet sich ab, dass sie es nicht schaffen werden ( http://www.hanjoheyer.de/Varroa2011.html ). Lt. John Kefuss müsste ich diese Völker nun elendiglich eingehen - und einen Großteil ihrer Milben auf die anderen Völker verteilen - lassen. Büchler schlägt vor, diesen Völkern die Brutwaben zu entnehmen und im Folgejahr umzuweiseln ("Soft-Bond-Methode"). Da man von befallenen Völkern noch Honig ernten will, empfiehlt es sich, wenigstens bei diesen stark befallenen Völkern die Drohnenwaben herauszuschneiden, damit diese Drohnen aus dem Wettrennen am Drohnensammelplatz ausgeschlossen werden. Ameisensäure bräuchte man keine, außer zur Entmilbung der entnommenen Brut, falls man sie nicht vernichten möchte.
Büchler kritisierte die ablehnende Haltung vieler Imker in Sachen Varrtoatoleranzzucht. JEDER sollte mitmachen - parallel zur Toleranzbelegstelle. Er könne wütend werden, wenn ihm die Frage gestellt wird, wann die Wissenschaft endlich die varroaresistente Königin liefern könne. "Es wird sie nie geben!", sagte Büchler, wenn die Imker weiterhin ihre falsche Betriebsweise (blinde Pauschalbehandlung aller Völker mit AS) weiterführen würden. JEDER hat in seinem Stand ein paar Völker, die es - wenigstens eine länge Zeit lang - ohne AS schaffen können. Sie zu finden und zu fördern ist die Aufgabe. Die Situation sei heute so, dass die besten Völker es noch nicht ganz schaffen, mehrere Jahre ohne Behandlung zu überleben, aber wenn wir nicht die Besten - auf Kosten der Nochwenigerresistenten - vermehren, machen die Imker das Werk der wenigen Resistenz/Toleranz-Züchter immer wieder kaputt, sodass die deutsche Imkerschaft dann ein Desaster größten Ausmaßes entgegensehe. Alle müssen mitmachen, wenn wir die Katastrophe vermeiden wollen! Nicht unbedingt durch Belegstellennutzung, aber durch gezielte Selektion der eigenen Bienen nach dem Maßstab der Varroahäufigkeit auf der Bodeneinlage.
Ich erzählte Herrn Büchler von meinem Projekt Landbiene, in dem auch Wert auf die Herausbildung eines lokal angepassten Ökotyps gelegt werde. Ich erzählte ihm auch, dass ich der Belegstelle bisher skeptisch gegenüberstand, da die AGT ihre Bienen deutschandweit hin- und her transportiere und damit die Ökotypen zerstöre.
Büchler stimmte mir in vollem Umfang zu, wandte jedoch ein, dass auf die Erzeugung lokaler Ökotypen vorerst verzichtet werde, da sich leider zu wenige Züchter gefunden hätten, die sich am Projekt beteiligen. Die Vatervölker unserer Belegstelle stammen jedoch allesamt von der AGT-Belegstelle Gehlberg, die ebenfalls in der Mitte Deutschlands und auch in einer Mittelgebirgslandschaft liege. Wir haben es also mit einem ähnlichen Ökotyp zu tun.