Re: Neue Idee einer biotechnischen Varroabekämpfung
von hanjoheyer » Mo 13. Sep 2010, 09:40
Da die Jahreszeit bereits weit fortgeschritten ist und biotechnische Verfahren JETZT nicht mehr begonnen werden können, entschied ich mich, die stark befallenen Wirtschaftsvölker mit AS zu behandeln - s.o.. Auch auf meinem "Varroastand", einen willkürlich ausgewählten Bienenstand, an dem ich keine Behandlung durchführen wollte, stellte ich an einem Volk (V6) einen erhöhten Milbenbefall fest. Ich wollte nun nicht an meinem Dogma "Varroastand" festhalten, was den Verlust dieses Volkes zur Folge gehabt hätte. Also behandelte ich und überlegte mir, was künftig am klügsten zu tun sei.
"Integrierte Varroabekämpfung"
In Anlehnung an den "Integrierten Pflanzenschutz", bei dem zB Obstplantagen nicht mehr blind gespritzt werden wie noch in den 70er Jahren, sondern bei dem sorgfältig die Zahl der Schädlinge pro Baum festgestellt und erst nach Überschreiten einer vorgegebenen Schadschwelle mit einem Pestizid behandelt wird, nenne ich die Varroabekämpfung, die ebenfalls Schadschwellen berücksichtigt, "Integrierte Varroabekämpfung".
Die Völker 5,6,8,9,13,14,21 überschritten die Schadschwelle von 10 gefallen Milben täglich und wurden mit AS behandelt: 2 ml Pro Wabe. Mehrmals hintereinander im Abstand zwischen 5 und 7 Tagen.
Bei V9 fielen nach 2 maliger Behandlung insgesamt nur 140 Milben; bei V13 hingegen 1460. Obwohl V9 behandelt wurde, ist zu sehen, dass dieses Volk möglicherweise besser gegen die Milben ankommt, als das vegleichbare V14. V11 - auch ein Wirtschaftsvolk, allerdings brachte es nur wenig Honig, hat bei nur einmaliger Behandlung in 11 Zählungen zusammen nur 51 Milben verloren. V3, das geschwärmt hat und lange ohne Brut war, (die erste Jungkönigin kam vom Hochzeitsflug nicht zurück) hat bisher nur 8 Milben verloren.
Beim Ableger V16 fielen bisher 55 Milben; beim Ableger V20 nur 4. Um die Fehlerquote zu verringern, ölte ich die Bodeneinlagen ein. Nun konnten die Ameisen keine toten Milben mehr abtransportieren, aber die täglichen Zählergebnisse bleiben gleich: Bei V16 so um die 3-5 Milben, bei V20 meistens Null.
Mein Nachdenken hat ergeben, dass man zB eine Milbenbehandlung nutzen könnte, um den Resistenzgrad eines Volkes festzustellen. Was wäre, wenn ich zB nächstes Jahr jedes Volk einmal mit AS behandeln und am Milbefall dann entscheiden würde, welche Völker für die Varroaresistenzzucht in Frage kommen und welche nicht? Es würde sich dann deutlicher zeigen, ob V20 tatsächlich weniger Milben enthält, als V16.
Ich überlege zur Zeit ernsthaft, ab nächstes Jahr alle Völker einmal mit AS zu behandeln, und an der Zahl der gefallenen Milben wird entschieden, welche Völker für die Resistenzzucht verwendet werden. Die Hälfte meiner Völker mit den meisten Milben soll sich nicht weiter vermehren; die bessere Hälfte dafür um so mehr. Anschließend wird nur noch nach Überschreiten der Schadschwelle - 10 gefallen Milben täglich - behandelt. Auf diese Weise ist es möglich, die AS-Behandlung bei wenigstens einem Teil der Völker auf eine einmalige Behandlung zu reduzieren. Und vor allem: Man bekommt handfeste Zahlen in die Hand, die den Grad der Varroaresistenz der Völker beschreiben.
Völker, die mit einmaliger Behandlung überleben können, eigenen sich sicher besser zur Varroaresistenzzucht, als jene, die öfter behandelt werden müssen.
In 15 meiner 21 Völker liegen Bodeneinlagen, auf denen ich den Milben-Totenfall feststellen kann. Die 6 anderen Völker sitzen in vergrößerten Ablegerkisten oder durchgesägten Trogbeutenhälften mit je 15 Waben. Bei ihnen kann ich leider keinen Milbebefall zählen. Deshalb habe ich sie 2 mal behandelt und warte nun ab, was der Winter bringt. Ich hoffe dieses Jahr noch ein paar "richtige" Beuten bauen zu können, in die die provisorischen umgesiedelt werden können. (Ich habe dieses Jahr alle Ressourcen zur Vermehrung genutzt. Deshalb sind auch die Ablegerkisten besetzt. Allerdings schmolz ich mit einem heißen Draht die Böden von 3 Ablegerkästen ab, um die oberen Teile als 2. Zargen benutzen zu können. So habe ich nun "Ablegerkästen" mit je 12 Waben.)
Die anderen Völker habe ich zu Prüfzwecken je einmal behandelt. Die o.g. sieben Völker, bei denen die meisten Milben fielen, habe ich weitere 2 x behandelt. Es fielen insgesamt pro Volk zwischen 181 und 1460 Milben. Die restlichen acht Völker weisen zwischen 4 und 156 Milben auf. Sie werden nur dann behandelt, wenn sie die Schadschwelle überschreiten. Trotzdem sind sie im Vorteil gegenüber völlig unbehandelten, denn einmal AS haben ja auch sie bekommen. Da es jahreszeitlich spät mir erforderlichen Behandlungen werden kann, werde ich mir wohl auch Oxalsäure zulegen. Dann kann ich auch behandeln, wenn es für AS zu kalt geworden ist.
Ich habe meine AS im Rahmen einer Sammelbestellung erworben und hatte eine Menge bestellt, wie sie für meine Völkerzahl offiziell empfohlen wurde. Bisher habe ich nicht die Hälfte verbraucht. Es wäre ein echter Fortschritt gegenüber der konventionellen Imkerei, wenn ich mit weniger AS auskäme, als sie.
Um die Ableger GANZ ohne Behandlung lassen zu können, muss ich ab nächstes Jahr Schwarmvorwegnahme machen, statt Brutableger. Da ich dieses Jahr hauptsächlich Brutableger machte, sind die Ableger höher varroabelastet. Entnehme ich einem Volk zwecks Ablegebildung nur Bienen und Königin, sind die Ableger fast milbenfrei und brauchen hoffentlich gar keine Behandlung. V4 ist mein erster Schwarm, dem ich auf diese Weise entnommen habe. Das Restvolk von V4, das in V8 umbenannt wurde, hat sich eine Kö nachgezogen. V8 musste behandelt werden. V4 hat bis heute die wenigsten Milben aller Ableger.
Bei nichtresistenten Völkern - also bei jenen, die im Vorjahr das volle Behandlungsprogramm "genossen" hatten, werden im Folgejahr die Drohnen herausgeschnitten. Sie sollen sich ja nicht vermehren und auch ihre Gene nicht weitertragen. Die Völker aus dem Resistenzzuchtprogramm behalten die Drohnen. Da sie bei der Ablegerbildung ihre Könioginnen an die Ableger verlieren, erhalten die Völker des Resistenzprogramms eine Brutpause, die ebenfalls die Milben reduziert. Bei diesen Völkern wäre auch eine 2. Brutpause, wie Mannfred sie vorgeschlagen hat, sinnvoll. Dieses biotechnische Verfahren könnte helfen, dass die Schadschwellen nicht überschritten werden. Die Völker würden dann nur eine einzige AS - Behandlung erhalten.
Da ich von jedem nachzuchtwürdigen Volk einen Schwarm samt Kö abzweige, habe ich dann auch genug "überzählige" Völker, sodass etwaige Winterverluste berücksichtigt sind, denn: Der Winter ist immer noch der beste Zuchtmeister. (Überzählig heißt: Wenn ich nur 15 Völker haben will, aber samt Ableger auf 21 komme, sind 6 Völker überzählig. Ich habe sie erstellt, weil ich aufgrund meiner geringeren AS-Behandlung mit höheren Winterverlusten rechnen muss)