Besser als biotechnisch!?




Hier stelle ich die von mir bevorzugte imkerliche Betriebsweise vor. Kritik und Diskussion sind erwünscht.

Besser als biotechnisch!?

Beitragvon hanjoheyer » Do 16. Sep 2010, 12:04

Da die Jahreszeit bereits weit fortgeschritten ist und biotechnische Verfahren JETZT nicht mehr begonnen werden können, entschied ich mich, die stark befallenen Wirtschaftsvölker mit 60 %iger Ameisensäure (AS) auf Schwammtuch zu behandeln - s.o.. Auch auf meinem "Varroastand", einen willkürlich ausgewählten Bienenstand, an dem ich keine Behandlung durchführen wollte, stellte ich an einem Volk (V6) einen erhöhten Milbenbefall fest. Ich wollte nun nicht an meinem Dogma "Varroastand" festhalten, was den Verlust dieses Volkes zur Folge gehabt hätte. Also behandelte ich und überlegte mir, was künftig am klügsten zu tun sei.

"Integrierte Varroabekämpfung"

In Anlehnung an den "Integrierten Pflanzenschutz", bei dem zB Obstplantagen nicht mehr blind gespritzt werden wie noch in den 70er Jahren, sondern bei dem sorgfältig die Zahl der Schädlinge pro Baum festgestellt und erst nach Überschreiten einer vorgegebenen Schadschwelle mit einem Pestizid behandelt wird, nenne ich die Varroabekämpfung, die ebenfalls Schadschwellen berücksichtigt, "Integrierte Varroabekämpfung".

Die Völker 5,6,8,9,13,14,21 überschritten die Schadschwelle von 10 gefallen Milben täglich und wurden mit AS behandelt: 2 ml Pro Wabe. Mehrmals hintereinander im Abstand zwischen 5 und 7 Tagen.

Bei V9 fielen nach 2 maliger Behandlung insgesamt nur 140 Milben; bei V13 hingegen 1460. Obwohl V9 behandelt wurde, ist zu sehen, dass dieses Volk möglicherweise besser gegen die Milben ankommt, als das vegleichbare V14. V11 - auch ein Wirtschaftsvolk, allerdings brachte es nur wenig Honig, hat bei nur einmaliger Behandlung in 11 Zählungen zusammen nur 51 Milben verloren. V3, das geschwärmt hat und lange ohne Brut war, (die erste Jungkönigin kam vom Hochzeitsflug nicht zurück) hat bisher nur 8 Milben verloren.

Beim Ableger V16 fielen bisher 55 Milben; beim Ableger V20 nur 4. Um die Fehlerquote zu verringern, ölte ich die Bodeneinlagen ein. Nun konnten die Ameisen keine toten Milben mehr abtransportieren, aber die täglichen Zählergebnisse bleiben gleich: Bei V16 so um die 3-5 Milben, bei V20 meistens Null. (Ich habe noch nie beobachtet, dass Ameisen tote Milben abtransportierten.)

Mein Nachdenken hat ergeben, dass man zB eine Milbenbehandlung nutzen könnte, um den Resistenzgrad eines Volkes festzustellen. Was wäre, wenn ich zB nächstes Jahr jedes Volk einmal mit AS behandeln und am Milbenfall dann entscheiden würde, welche Völker für die Varroaresistenzzucht in Frage kommen und welche nicht? Es würde sich dann deutlicher zeigen, ob V20 tatsächlich weniger Milben enthält, als V16.

In der ersten Variante werden alle Völker einmal mit AS behandelt, und an der Zahl der gefallenen Milben wird entschieden, welche Völker für die Resistenzzucht verwendet werden. Die Hälfte meiner Völker mit den meisten Milben soll sich nicht weiter vermehren; die bessere Hälfte dafür um so mehr. Anschließend wird nur noch nach Überschreiten der Schadschwelle - 10 gefallen Milben täglich - behandelt. Auf diese Weise ist es möglich, die AS-Behandlung bei wenigstens einem Teil der Völker auf eine einmalige Behandlung zu reduzieren. Und vor allem: Man bekommt handfeste Zahlen in die Hand, die den Grad der Varroaresistenz der Völker beschreiben.

Zweite Variante: Vielleicht kann man sich diese generelle Erstbehandlung sparen, indem man eine Woche vor Beginn (täglich oder alle 3 Tage) der geplanten Behandlung den normalen Milben-Totenfall auf der Bodeneinlage bestimmt. Auch dann gewinnt man einen guten Überblick über die Situation.

Völker, die mit einmaliger Behandlung überleben können, eigenen sich sicher besser zur Varroaresistenzzucht, als jene, die öfter behandelt werden müssen.

In 15 meiner 21 Völker liegen Bodeneinlagen, auf denen ich den Milben-Totenfall feststellen kann. Die 6 anderen Völker sitzen in vergrößerten Ablegerkisten oder durchgesägten Trogbeutenhälften mit je 15 Waben. Bei ihnen kann ich leider keinen Milbebefall zählen. Deshalb habe ich sie 2 mal behandelt und warte nun ab, was der Winter bringt. Ich hoffe dieses Jahr noch ein paar "richtige" Beuten bauen zu können, in die die provisorischen umgesiedelt werden können. (Ich habe dieses Jahr alle Ressourcen zur Vermehrung genutzt. Deshalb sind auch die Ablegerkisten besetzt. Allerdings schmolz ich mit einem heißen Draht die Böden von 3 Ablegerkästen ab, um die oberen Teile als 2. Zargen benutzen zu können. So habe ich nun "Ablegerkästen" mit je 12 Waben.)

Die anderen Völker habe ich zu Prüfzwecken je einmal behandelt. Die o.g. sieben Völker, bei denen die meisten Milben fielen, habe ich weitere 2 x behandelt. Es fielen insgesamt pro Volk zwischen 181 und 1460 Milben. Die restlichen acht Völker weisen zwischen 4 und 156 Milben auf. Sie werden nur dann behandelt, wenn sie die Schadschwelle überschreiten. Trotzdem sind sie im Vorteil gegenüber völlig unbehandelten, denn einmal AS haben ja auch sie bekommen. Da es jahreszeitlich spät mir erforderlichen Behandlungen werden kann, werde ich mir wohl auch Oxalsäure zulegen. Dann kann ich auch behandeln, wenn es für AS zu kalt geworden ist.

Ich habe meine AS im Rahmen einer Sammelbestellung erworben und hatte eine Menge bestellt, wie sie für meine Völkerzahl offiziell empfohlen wurde. Bisher habe ich nicht die Hälfte verbraucht. Es wäre ein echter Fortschritt gegenüber der konventionellen Imkerei, wenn ich mit weniger AS auskäme, als sie.

Um die Ableger GANZ ohne Behandlung lassen zu können, muss ich ab nächstes Jahr Schwarmvorwegnahme machen, statt Brutableger. Da ich dieses Jahr hauptsächlich Brutableger machte, sind die Ableger höher varroabelastet. Entnehme ich einem Volk zwecks Ablegebildung nur Bienen und Königin, sind die Ableger fast milbenfrei und brauchen hoffentlich gar keine Behandlung. V4 ist mein erster Schwarm, dem ich auf diese Weise entnommen habe. Das Restvolk von V4, das in V8 umbenannt wurde, hat sich eine Kö nachgezogen. V8 musste behandelt werden. V4 hat bis heute die wenigsten Milben aller Ableger (, ist aber auch das kleinste Völkchen).

Bei nichtresistenten Völkern - also bei jenen, die im Vorjahr das volle Behandlungsprogramm "genossen" hatten, werden im Folgejahr die Drohnen herausgeschnitten. Sie sollen sich ja nicht vermehren und auch ihre Gene nicht weitertragen. Die Völker aus dem Resistenzzuchtprogramm behalten die Drohnen. Da sie bei der Ablegerbildung ihre Königinnen an die Ableger verlieren, erhalten die Völker des Resistenzprogramms eine Brutpause, die ebenfalls die Milben reduziert. Bei diesen Völkern wäre auch eine 2. Brutpause, wie Mannfred sie vorgeschlagen hat, sinnvoll. Dieses biotechnische Verfahren könnte helfen, dass die Schadschwellen nicht überschritten werden. Die Völker würden dann nur eine einzige AS - Behandlung erhalten.

Da ich von jedem nachzuchtwürdigen Volk einen Schwarm samt Kö abzweige, habe ich dann auch genug "überzählige" Völker, sodass etwaige Winterverluste berücksichtigt sind, denn: Der Winter ist immer noch der beste Zuchtmeister. (Überzählig heißt: Wenn ich nur 15 Völker haben will, aber samt Ableger auf 21 komme, sind 6 Völker überzählig. Ich habe sie erstellt, weil ich aufgrund meiner geringeren AS-Behandlung mit höheren Winterverlusten rechnen muss)

in 94856264nx35755/betriebsweise-f7/neue-idee-einer-biotechnischen-varroabekaempfung-t34-s10.html#p180
habe ich am 13.9.2010 die neue Idee erstmal beschrieben.

Sie soll eine Methode der Varroabekämpfung beschreiben, die mit der Landbienenzucht kompatibel ist.

Zusammenfassung:

Die Hälfte der Wirtschaftsvölker, die im Vorjahr die wenigsten Milben hatte, wird in das Resitenzzuchtprogramm aufgenommen. Bei ihnen werden keine Drohnenwaben geschnitten. Bei der anderen Hälfte werden die Drohnenwaben zwecks Varroareduktion und Verhinderung der Gen-Weitergabe geschnitten.

Von den Völkern, die ins Zuchtprogramm aufgenommen wurden, wird je ein Schwarm-Ableger genommen: Königin plus einige tausend Bienen in neue Beuten mit Futter, Leerwaben und MW auf neuen Standort. Die Muttervölker ziehen sich neue Kö nach.

Nach der Honigernte und ersten Teilfütterung werden die Bodeneinlagen sorgfältig möglichst täglich nach Milben abgesucht und die Zahlen notiert. Alle Völker werden einmalig mit AS (2 ml pro Wabe) behandelt. Der Totenfall entscheidet, welche Völker in das Resistenzzuchtprogramm kommen/verbleiben und welche nicht.

Diese Erstbehandlung kann entfallen, sobald es erste Anzeichen einer Varroaresistenz gibt. Dann entscheiden die Ergebnisse regelmäßiger Varroazählungen auf den Bodeneinlagen.

Die Völker des R.-Zuchtprogramms erhalten einen 2. Brutstopp nach Mannfreds Methode ("Zwischenbodenableger"). Spätere Wiedervereinigung der Volkshälften möglich. Die anderen Wirtschaftsvölker werden normal mit AS behandelt (etwa 3 - 4 mal im Abstand von 5 - 7 Tagen).

Weiterer Beitrag:

Biotechnische Verfahren sind möglicherweise geeignet, unsere Bienenvölker ohne medikamentöse Behandlung am Leben zu halten. Mir allerdings stellt sich die Frage, inwiefern sie auch geeignet sind, die Bienen varroaresistent zu machen. Wie erreichen wir, dass die Bienen milbenbesetzte Brut ausräumen und im Falle, dass sie selbst Milben tragen, den Stock verlassen und nicht zurückkehren? Oder: Wie bringt man den Bienen bei, den Milben die Beine abzubeißen (wie der österreichische Berufsimker Alois Wallner von seinen Bienen behauptet, dass sie es können)?

Die einzige Antwort, die mir einfällt, ist der Überlebensversuch: Man vermehrt seine Völker, behandelt sie nicht und hofft, dass das eine oder andere Volk überlebt. Ich fürchte nur, dass die Völker dann das häufige Schwärmen lernen, falls sie überhaupt überleben. Falls sie überleben, bringen sie jedoch dem Imker keinen Tropfen Honig.

Nun, wir können den Bienen das Überleben wenigstens etwas erleichtern, indem wir sie zB einmalig mit Ameisensäure (AS) behandeln (2 ml AS Pro Wabe). Dann überleben von 200 Völkern statt eines nun vielleicht 50. Diese Völker werden vermehrt, und da sie im 2. Jahr sicher mehr Milben aufweisen, als im ersten, als der Test bestartet wurde, mussen sie allesamt vllt 2 x behandelt werden. Ihre Ableger, die nach dem Verfahren der Schwarmvorwegnahme gemacht werden, müssen nur 1 x behandelt werden, da sie kaum Milben enthalten. Erst mehrere Jahre später genügt vllt wieder eine einmalige AS-Behandlung.

Ich möchte also erreichen, dass wir die AS so einsetzen, dass ausreichend viele Völker überleben, aber nicht alle! Es muss eine Selektion gewährleistet werden. Dies garantiert, dass die Bienen allmählich varroaresistent werden. Der völlige Verzicht auf AS würde die Völker bloß ausrotten. Die regelmäßige viermalige Behandlung aller Völker wie in fast allen Imkerbüchern und -zeitschriften empfohlen, garantiert zwar das Überleben der Bienen und gute Honigerträge, aber es findet keine Selektion statt, die die Biene gegen die Milben resistent macht.

Aus diesem Grund plädiere ich dafür, dass die Imker, ausgehend von der gewohnten Varroabehandlung mit AS, die AS-Menge, die sie verwenden, von Jahr zu Jahr senken, bis pro Jahr mindestens 20 % aller Völker an Varroose zugrundegehen. Besser als eine gleichmäßige Behandlung aller Völker wäre eine individuelle.

Dies gelingt durch Einführung von Schadschwellen. Ich habe mehr oder weniger willkürlich die Schadschwelle bei 10 Milben täglich, die auf die Bodeneinlage fallen, gewählt. Möglicherweise muss ich diese Zahl noch nach oben oder unten korrigieren. Ich habe nun alle meine Völker einmalig mit AS behandelt. Bei den Ablegern ist die Milbenpopulation noch so gering, dass dieses Jahr keine weitere Behandlung nötig werden wird. Die Wirtschaftsvölker stellen sich SEHR unterschiedlich dar. Die besten Völker, die sehr viel Honig einbrachten, haben weit über 1000 Milben insgesamt. Die hohen Zahlen ergaben sich durch täglich mehr als 10 natürlich gefallene Milben plus die gefallenen Milben nach mehreren AS-Behandlungen. Die nur einmalig behandelten Völker haben sehr viel weniger Milben, weil der natürliche Milbenfall geringer war, aber auch, weil sie seltener mit AS behandelt wurden. Die Zahlen sind nur bedingt vergleichbar. Würde ich ein Volk, das bisher nur einmal behandelt wurde, auch viermal behandeln, wäre ihr milbenfall wahrscheinlich höher - aber nicht immer wesentlich höher! Ich habe Volk 9, das nur täglich 3 Milben verlor, entgegen meiner Ratschläge zu Testzwecken ein zweites mal behandelt. Einen Tag nach der 2. Behandlung fiel keine Milbe. An den darauf folgenden Tagen 28, 35, 16, 15, 1. Es kamen nie die großen Milbenmengen der resistenzschwachen Völker zustande. Hier die Zahlen des Volkes mit der größten Varroabelastung: V13: Vor der ersten Behandlung: 20 Milben täglich. Dann AS-Gabe, dann: 100, 500, 200, 150, 150, 150, 150, 60 (AS-Gabe), 280, 250, 150.

Ich denke, diese Methode ist besser, als die bisher von mir propagierten.

Siehe: http://www.hanjoheyer.de/varroa.html
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Re: Besser als biotechnisch!?

Beitragvon Mannfred » Do 16. Sep 2010, 17:31

Mit dreimaliger AS-Schwammtuchbehandlung aller Völker im Abstand einer Woche, beginnend Ende Juli als alleiniger Behandlung betrug die Überlebensquote der Völker im zehnjährigen Durchschnitt bei mir 75%.

Dann: AS ist ja beileibe kein Weihwasser, damit kann sich der Effekt ergeben, daß unbehandelte Völker am Stand regen Zuflug erhalten. Die Praxis ist vielfältiger als ich mir in der Theorie je ausdenken kann - drum stelle ich mir nichts vor, dann erlebe ich auch keine Enttäuschungen.

Befallsgrad, Ermittlung, nocheinmal:

http://www.extension.org/mediawiki/files/e/e1/VarroaMites_155.pdf (Bienen von Brutwabe abschütteln, dort sitzen mehr Milben an, wir haben das ausprobiert)

Herzliche Grüße Mannfred
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Re: Besser als biotechnisch!?

Beitragvon hanjoheyer » Fr 17. Sep 2010, 09:42

Beim Nachdenken über einige Gespräche über dieses Thema, die ich mit Imkern hatte, wurde mir klar, dass es ein gewisses Verständnisproblem gibt, dem jetzt hier abgeholfen werden soll.

Es findet noch KEINE Resistenzzucht statt, wenn man wenig befallene Völker zB nur zweimal und viel befallene drei- oder viermal mit AS behandelt und im kommenden Jahr wieder wie gewohnt jene Völker bei der Vermehrung bevorzugt, die den meisten Honig einbrachten. Als Teil einer Resistenzzucht zählt diese löbliche unterschiedliche AS-Behandlung nur dann, wenn jene Völker zur Vermehrung vorgesehen werden, die mit wenig Säure auskamen, und damit nicht die Drohnen der nichtresistenten Völker die neuen Königinnen begatten, müssen entweder die Drohnen der nichtvermehrungswürdigen Völker (die durchaus die höheren Honigmengen liefern) entfernt oder die Völker umgeweiselt werden.

Erst wenn wir eine Bienen haben, die nicht mehr behandelt werden müssen, können wir wieder an Verbesserung der Honigleistung unserer Bienen denken.

& Mannfred:

1. Wenn man unbehandelte und behandelte Vökler nebeneinanderstehen hat und Bienen der behandelten sich bei den unbehandelten einbetteln, sehe ich darin keinen besonderen Nachteil, denn diese Bienen tragen mit großer Wahrscheinlichkeit keine Milben am Leibe, die sie in die unbehandelten Völker einschleppen könnten. Oder?

2. Die von mir propagierte Erstbehandlung aller Völker mit AS, die dazu dient, resistenzverdächtige von nichtresistenten Völkern zu unterscheiden, könnte durch die Puderzuckermethode abgelöst werden.

3. Wenn die "normale" Überwinterungsrate bei Normalbehandlung mit AS schon bei 75 % liegt, ist meine o.g. Zahl "80 %" als "gewünschte Überlebensquote" wohl zu hoch gegriffen. Vielleicht müssen wir uns mit Überlebensquoten unter 70 % abfinden.
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Re: Besser als biotechnisch!?

Beitragvon Mannfred » Fr 17. Sep 2010, 10:31

1. - Oder !

2. - Ja.

3. - Basiszucht und Schwarmtriebnutzung ergänzen sich in meiner Praxis bestens.

4. - Ein Volk, das ich schröpfe oder verstärke, kann mir keinen verläßlichen Hinweis auf Leistung und Eigenschaften geben.

Herzliche Grüße Mannfred
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Varroa-Tabelle

Beitragvon hanjoheyer » So 19. Sep 2010, 23:09

http://www.hanjoheyer.de/varroa.html

Hier ist meine Tabelle, die die 16 Bienenvölker zeigt, bei denen ich den Milbenfall vor und nach AS-Behandlungen angebe.

Ich habe mich noch nicht in jedem Fall strikt an meine Vorgaben gehalten, weil ich noch Erfahrungen mit AS-Behandlungen allgemein sammeln muss. So habe ich Völker behandelt, obwohl sie wenig Milben auf der Bodeneinlage hatten. Ich wollte ganz einfach wissen, ob der Milben-Totenfall auf der Bodeneinlage tatsächlich richtige Auskunft über den Befallsgrad gibt.
Außerdem hatte ich bereits zweimal behandelt, ehe ich auf die neue Idee kam.
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Gescheitert!

Beitragvon hanjoheyer » So 26. Sep 2010, 10:32

Ich hatte gestern die Gelegenheit, mein Varroaresistenzzuchtprogramm einem Berufsimker zu erklären. Er winkte gleich ab und erzählte, er habe schon von Dutzenden derartiger Versuche gehört. Alle seien gescheitert. Es habe sich selbst sogar einmal eine Weisel von diesem "Arbeitsgemeinschaft Toleranzzucht" (http://www.toleranzzucht.de/) gekauft. Das umgeweiselte Volk sei genauso schnell an den Milben eingegangen wie seine Vorgänger.

Der Imker wies darauf hin, das Hauptproblem bei der Züchtung sei die Vergleichbarkeit der Völker und die Selektion der Zuchtwürdigen. Wie erkennt man jene Völker, die mit den Milben besser zurechtkommen? Es reiche nicht, einfach die Bodeneinlagen nach Milben abzusuchen. Man müsse berücksichtigen, ob ein Volk geschwärmt habe oder ob es das Bienenjahr aufgrund ungenügender Futterversorgung im Vorjahr geschwächt begonnen habe und im Frühjahr demzufolge mit wenig Brut - und wenig Milben - gestartet sei. Kleine Völker haben nun einmal weniger Milben, als starke. Aber sie seien keineswegs resistenter! Würde man die kleinen Völker mit den wenigen Milben den großen mit vielen Milben bei der Zuchtbevorzugen, würden die Kleinen, einmal hochgepäppelt und groß geworden, ihre "Resistenz" sofort verlieren. Es gibt keine Völker, die Honig eintragen und wenig Milben haben.

Es sei immer dasselbe: Gute, ertragreiche Wirtschaftsvölker weisen die höchste Varroabelastung auf; die kleinen, zurückgebliebenen seien milbenmäßig besser gestellt, aber nur, bis sie selbst groß geworden seien.

Es gibt keine unbehandelten Bienen mit viel Brut und wenig Milben.

Meine Anmerkungen:

Ich hoffe, einige dieser gescheiterten Züchter kennenzulernen. Möglicherweise wollen sie zuviel mit einemmal: Keine Honigeinbußen und trotzdem die resistente Biene. Die AGT, so scheint es mir, will diese eierlegende Wollmilchsau. Ich halte dem entgegen, dass wir erst einmal eine Biene brauchen, die ohne Medikamente und biotechnische Tricks - also aus eigener Kraft - überlebt. Wie die oben erwähnten Einlassungen des Berufsimkers nahelegen, hatten die gescheiterten Resistenzzüchter durchaus Erfolg. Sie waren bloß mit dem Ziel, eine ertragreiche varroaresistente Biene zu züchten, gescheitert.

Ich hatte dem Imker erzählt, ich kenne jemanden (ich meinte Mannfred in diesem Forum), der seinen Völkern einen zusätzlichen Brutstopp verordne und damit hoffe, von den Säuren wegzukommen. Der Imker sagte, dass das durchaus gelingen könne, aber es gebe dann weniger Honig, und zwar sehr viel weniger. So wenig, dass man das Experiment als gescheitert ansehen müsse.

Der 2. Brutstopp ist nichts anderes, als ein zeitlich optimiertes Schwärmen. Wilde Populationen müssen sehr früh schwärmen, damit die Völker genug Honig zum Überwintern sammeln können. Unseren "Hausbienen" können wir ein späteres Schwärmen abverlangen, ein Schwärmen nach der 2. Ernte. Dann haben wir Imker unseren Honig und müssen die Schwärme im Gegenzug durch den Winter füttern - was wir ja sowieso machen. Es müsste also machbar sein, diese Kombination aus Ernte und spätem Schwärmen. Nach der 2. Schleuderung - hier ist es hauptsächlich der Weißklee - wird von jedem nachzuchtwürdigen Volk ein Kunstschwarm gemacht: Königin und ein Großteil der Bienen wird in eine neue Beute mit Futter, Leerwaben und Mittelwänden (bzw. Rahmen mit Anfangsstreifen) gefegt und auf den alten Standort gestellt. Die Brut kommt auf einen anderen Bienenstand und zieht sich dort eine neue Weisel nach. Auf diese Weise bekommt man einen vierwöchigen Brutstopp, der auch die Milben an der Vermehrung hindert.

Sollte diese Methode nicht funktionieren, zB weil der Brutling aufgrund der Milbenbelastung nicht in der Lage ist, Winterbienen aufzuziehen, muss eine radikalere Lösung herangezogen werden: die zweimalige Entnahme aller verdeckelten Brut (Wolf Ingo Lau) oder die Entnahme aller Brut und Gabe einer einzigen Fangwabe (Büchler). Wir sind nun wieder bei biotechnischen Methoden angelangt, welche ich ja als Hindernis bei der Resistenzzucht ansah. Lau's und Büchlerns Methoden ermöglichen das Überleben des Biens, aber die Völker überwintern (entgegen der Angaben o.g. Experten) derart klein, so meine rudimentäre Erfahrung und Befürchtung, dass sie im darauffolgenden Frühjahr keine Frühtracht einbringen. Wir dürfen also maximal die Hälfte der "regulären" Hinigernte erwarten.

Aber verzichten wir vorerst auf reiche Honigernten! Was geschieht, wenn wir diese Methode über viele Jahre anwenden? Wir hatten also unseren Bienenvölkern nach der Sommertracht sämtliche Brut entnommen und vernichtet. (Büchler empfiehlt die Ameisensäurebehandlung der milbenverseuchten Brut, aber wir wollen ja ohne AS imkern). Eine Wabe mit möglichst viel offener Brut wird als Fangwabe eingehängt. Ist die Fangwabe verdeckelt, wird auch sie entnommen und vernichtet. Das Volk ist nun weitgehend entmilbt. Die Eier, die die Weisel während der Fangwabenzeit gelegt hat, dürfen jedenfalls nicht so weit entwickelt sein, dass auch sie von Milben aufgesucht werden. Deshalb muss es einen eklatanten Entwicklungsunterschied zwischen der Brut der Fangwabe und der regulären Brut der Weisel geben. Das meiner Meinung nach aufgrund der Schröpfung stark geschrumpfte Völkchen muss nun stark wachsen, um genügend Winterbienen zu produzieren. Nach Lau und Büchler sollten sich die Völker nach acht Wochen erholt haben. Die meisten Imker jedoch, die ich bisher sprach, sagten überenstimmend, dass die Völker den Rückschlag nicht wegstecken könnten und im Folgejahr keine große Frühtracht einbrächten.

Gut, sagen wir, die Sache funktioniert. Wie züchten wir jetzt auf Varroaresistenz?

Im Augenblick fällt mir nur eine Lösung ein: Wir schauen im Frühjahr nach, welche unserer Minivölkchen die relativ großten sind und vermehren diese auf Kosten der kleineren. Schwarmverhinderungen werden wegen der Kleinheit unserer Völkchen nicht nötig sein. Also lassen wir die Völkchen wachsen, bis sie trachtreif sind, verpassen wahrscheinlich die Rapsernte und bekommen hoffentlich reichlich Sommerhong mit Rapseinsprenklungen. Wer auf die Frühtracht nicht verzichten will, könnte daran denken, aus 2 Völkern eines zu machen. Dann bekommt er auch Rapshonig. Allerdings muss der Imker dann Ende Juni viel mehr Ableger machen, als sonst. Der Imker könnte auch auf die Idee kommen, bei der Vereinigung zweier Völker beide Königinnen am Leben zu erhalten, indem er ein Absperrgitter zwischen die Völker legt. Dann imkert er mit 2 Weiseln in einem Volk. Das Volk wächst rasant, bringt Honig und auch die nötige Ablegerzahl.

So könnte das zukünftige medikamentenfreie Imkern funktionieren. Wir selektieren nach Volksgröße nach der Auswinterung und vor der Völkervereinigung.
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Re: Besser als biotechnisch!?

Beitragvon Mannfred » So 26. Sep 2010, 23:26

Grüß Dich, Joachim

Mir ist das insgesamt schon viel zu viel Theoretisiererei.
Die zweifache Brutunterbrechung hat sich bewährt und
ich bleibe absehbar mit geringen Veränderungen dabei.

Der Ertrag war gering unterm Schnitt
jedoch bekamen auch die Vermehrten
einen Teil des Honigs mit.

Der Winter darf den Bestand jetzt sichten.
Bei der Vermehrung werde ich mich
nach Bewährtem richten.

Also Freunde solls geschehen.
Amen und auf Wiedersehen.

Herzliche Grüße Mannfred
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Re: Besser als biotechnisch!?

Beitragvon hanjoheyer » Mo 27. Sep 2010, 09:19

Na, sooo theoriebelastet ist das doch gar nicht, was ich geschrieben habe.

Absatz 3 meiner "Anmerkungen" wiederholt bloß deine Vorgehensweise (wie ich sie verstanden habe).
In Absatz 4 heißt es dann: "Sollte diese Methode nicht funktionieren,.....".

Insgesamt vergleiche ich mehrere praktisch bereits angewendete vorgehensweisen.

1. Der völlige Verzicht auf Varroabehandlung, der in der Regel zum Tode aller Völker führt
2. Die AS-Behandlung nach wissenschaftlicher Empfehlung, s. Broschüre "Varroa unter Kontrolle". Schwammtuchmethode: 2 ml AS pro Wabe. Das machen die meisten Imker.
3. Etwas, das zwischen 1. und 2. liegt: Berücksichtigung von Schadschwellen, um den Bienen die nötige Zeit zu verschaffen, Resistenz zu entwickeln. Dazu braucht man freilich ein Kriterium, an dem man Völker, die besser als andere mit den Milben zurechtkommen, erkennen - und bevorzugen - kann. Laut Aussage des Berufsimkers scheitert die Methode daran, dass man die resistenteren Völker nicht identifizieren könne. Mit anderen Worten, er meint, die Praxis halte nicht, was die Theorie verspreche.
4. biotechnisches Verfahren nach Lau (zweimalige Entnahme aller verdeckelten Brutwaben im Abstand von 10 Tagen)
5. botechnisches Verfahrren nach Büchler (einmale Entnahme aller Brut + Einsetzen einer Fangwabe)
6. Mannfreds Methode des 2. Brutstopps.

Der Berufsimker sprach ja auch als Praktiker, der bezeugte, dass bisher alle Resistenzzuchtversuche - incl. der AGT - an der Praxis gescheitert seien. Die AGT arbeitet mit Brutwabenentnahmen nach Büchler, belastete Völker werden mit AS behandelt und aus dem Zuchtprogramm ausgeschlossen. Zwecks Selektion werden Ausräumraten festgestellt (50 verd. Brutzellen werden angestochen. Es wird ermittelt, wieviele tote Puppen nach 16 Stunden ausgeräumt wurden).

Daraufhin prüfte ich noch einmal gewisse biotechnische Praktiken - und zwar die von dir vorgestellte, die von Lau und die von Büchler. Dabei legte ich mein Augenmewrk auf die Möglichkeit, wie man diese Praktiken mit einer gewissen Auslese varroaresistent bekommen könnte. Schließlich wollen nicht ewig auf solche Praktiken angewiesen sein. Wir wollen eine varroaresistente oder wenigstens -tolerante Biene.

Lt Aussage des Berufsimkers haben alle biotechnischen Verfahren den Nachteil, dass die Völker schrumpfen und deshalb auch weniger Honig bringen. Meine Idee ist nun: Akzeptieren wir diese Verkleinerung und schauen, welche Völker am wenigsten Schaden nehmen und relativ groß bleiben. Dadurch optimieren wir das biotechnische Verfahren und kommen langfristig ohne Medikamente aus - und bekommen trotzdem ausreichend hohe Ernten. Ich finde daran nichts Theorielastiges.
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Re: Besser als biotechnisch!?

Beitragvon hanjoheyer » Mo 27. Sep 2010, 20:06

Heute fand ich in einem Imkerforum folgenden Eintrag:

"Gestern war ich beim schwäbischen Imkertag.
Da wurde von Dr. Peter Rosenkranz von der Uni-Hohenheim über die Varroa - Milbe referiert.
Nach seiner Aussage gibt es in Europa keine resistente Bienenstämme. Überhaupt nicht!!!
Nicht einmal auf Gotland.
Und bis auf weiteres kennt er auch noch kein Wundermittelchen gegen die Varroa.
Rosenkranz meint sogar, daß wir, zumindest die Bienen, noch mindestens 50 Jahre mit der Milbe leben müssen.
Nur rechtzeitige Behandlungen können den Bien schützen.

Nach Rosenkranz und das ist auch logisch, verhindern gerade die Imker mit den Behandlungen eine natürliche Selektion des Bien.
Nach seinen Angaben hat die Natur z.B. in Brasilien bei den großen Vorkommen an wilden Völkern selektiert.
Sie sind Varroa-Tolerant und können mit der Milbe leben."
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Re: Besser als biotechnisch!?

Beitragvon Mannfred » Di 28. Sep 2010, 13:07

Erfahrung und aktive Eigenschaften eines Volkes können am Besten auf dem naturgegebenen Weg des Schwarms weitergegeben werden.

Potential und Eigenarten eines Volkes bleiben so in einer zeitlichen, räumlichen und sozialen Kontinuität.

Schröpfen, vereinigen, verstärken, zur Unzeit gebildete Ableger, Einweiselung volksfremder Königinnen, Wachsgaben, Behandlungsmittel, Fütterungen, Entnahme des gesamten Vorrats oder der Brut und was es an imkerlichen Gebräuchen noch so gibt, stören den Verlauf.
Da fange ich an zu überlegen: Was ist verzichtbar ?

Papierene Wolkenkuckuksheime können einer zyklischen und komplexen Realität nur ansatzweise gerecht werden.

Herzliche Grüße Mannfred
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