Schwarmintelligenz
von hanjoheyer » Mi 29. Sep 2010, 09:54
Noch ein Wort zu: "Erfahrung und aktive Eigenschaften eines Volkes können am Besten auf dem naturgegebenen Weg des Schwarms weitergegeben werden.
Potential und Eigenarten eines Volkes bleiben so in einer zeitlichen, räumlichen und sozialen Kontinuität.
Schröpfen, vereinigen, verstärken, zur Unzeit gebildete Ableger, Einweiselung volksfremder Königinnen, Wachsgaben, Behandlungsmittel, Fütterungen, Entnahme des gesamten Vorrats oder der Brut und was es an imkerlichen Gebräuchen noch so gibt, stören den Verlauf.
Da fange ich an zu überlegen: Was ist verzichtbar ?"
Die Wissenschaft scheint Fortschritte bei der Erforschung der Schwarmintelligenz zu machen. Man hat zB festgestellt, dass das Meeresplankton, bestehend aus Billionen pflanzlicher und tierischer Kleinstlebewesen, über Bioluminiszenz - biologisch erzeugte Lichtsignale wie beim Glühwürmchen - kommuniziert und sich zu gemeinschaftlichem Handeln organisiert. Einige Wissenschaftler sprechen von intelligentem Handeln. Das in einer Planktonwolke entstehende Kollektivbewusstsein sei mit dem Nervengewebe eines risigen Gehirnes vergleichbar.
In derselben Zeitschrift (Welt der Wunder 10/10) ist ein weiterer Artikel über Schwarmintelligenz zu finden, diesmal in unseren eigenen Körpern, nämlich im Blut. Die Arbeit des Immunsystems im Blut ist dem Verhalten der Planktonwolken in den Ozeanen von der Struktur her sehr ähnlich. Auch das Plankton wehrt sich gegen Feinde, balanciert sich nach Schäden durch Umweltgifte selbsttätig wieder aus und hat, genau wie unser körpereigenes Immunsystm eine gewisse Lernfähigkeit. Es kann sich die Signaturen feindlicher Viren merken und bei späteren Attacken schneller reagieren. die in beiden Systemen entstandene Schwarmintelligenz hat sich parallel in vergleichbarer Weise herausgebildet, weil der Feind in beiden Systemen zum Teil derselbe ist: Attacken von Viren.
Auch bei Bienen haben wir es mit Schwarmintelligenz zu tun. Deshalb sind Störungen des natürlichen Volksaufbaus und der Entwicklung schädlich. Jeder Eingriff bringt das intelligente System durcheinander. Damit der Bien eine eigene Immunabwehr gegen die Varroamilben entwickeln kannm, ist es notwendig, dass der Imker die natürlichen Prozesse in einem Bienenvolk möglichst wenig stört. Es muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Denkprozesse in einem Schwarm in einem anderen zeitlichen Maßstab zu betrachten sind. Die Bienen können nicht von heute auf morgen ihr Verhalten so ändern, dass die Milben unter die Schadschwelle gedrückt werden. Wir können den Bienen bestenfalls helfen, die Zeit, die sie zum Reagieren benötigen, zu verschaffen.
Sicher ist, dass die Bienen, wären sie völlig auf sich allein gestellt, schon lange eine vorläufige Antwort auf die Bedrohung der Milbe gefunden hätten. "Vorläufig", weil es sicher Jahrhunderte braucht, um mit den Milben so gut fertig zu werden, wie die Asiatische Honigbiene, aber immerhin "vorläufig", indem die Bienen zB häufiger schwärmen. Zwar sind sie hier gegenüber tropischen Bienen gegenüber im Nachteil - tropische Bienen können fast jederzeit schwärmen und damit die meisten Milben loswerden; europäische können das nicht so häufig, weil sie größere Hoinigvorräte für die langen Winter sammeln müssen. Ein später Schwarm würde im Winter verhungern.
Würden wir zB von jedem Volk im Mai einen Kunstschwarm machen und die zurückbleibende Brut vernichten, und von diesem Schwarm im Sommer noch mal einen KS bilden (jeweils alle Bienen in neue Beuten abfegen), würden unsere Bienen jetzt schon überleben. Aber würden sie ohne Fütterung überleben oder gar Honig bringen? Und vor allem: Wenn wir auf diese Weise zweimal im Jahr Schwarmableger machen, würden die Bienen keine anderen Formen der Immunabwehr entwickeln.